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Klaric im Interview: Wir haben eines der besten Teams der Club-Geschichte

16.08.2020

 Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Als eines der ersten Teams der easyCredit BBL hatten die EWE Baskets Oldenburg ihren Kader für die Saison 2020/2021 komplettiert. Im ersten Teil des Interviews hat  Srdjan Klaric über die vergangene Saison, die Corona-Pandemie und Philosophie gesprochen. Heute spricht unser Sportlicher Leiter über die Alter, die Neuzugänge und unseren Kapitän.

Wie sehr verändert sich denn aktuell der Basketball? Muss man sich dem anpassen oder dem eigenen Weg vertrauen?

Man hört immer wieder, dass der Basketball sich verändern würde. Ich sehe es eher so, dass der Basketball von Zeit zu Zeit große Revolutionen erlebt. Die Einführung der Dreierlinie ist da  zu nennen oder die Entwicklung des Stretch Four. Auf diese Revolutionen muss man reagieren. Ansonsten gibt es viele kleine Entwicklungen, wo es für mich nicht schwarz und weiß ist, sondern verschiedene Möglichkeiten gibt. Oft waren es Regeln, die den Weg gewiesen haben.

Athletik gewinnt an Bedeutung, aber für mich sind Basketball-IQ, taktische und menschliche Ausbildung wichtiger als Athletik.

Bei der Betrachtung des Kaders wird bei uns auch oft das Thema Alter gespielt. Wie entscheidend ist diese Frage und mit welchem Zeithorizont plant man einen Kader?

Rickey ist doch das beste Beispiel: Er hat in den letzten Jahren doch nicht so gespielt, wie es die Zahl in seinem Pass sagt. Natürlich werden Themen wie Regenerationsfähigkeit dann nicht einfacher. Insgesamt ist es aber so, dass wir hier einige Spieler um die 30 Jahre haben, bei denen sich alle eine Verlängerung wünschen.

Am Ende ist es eine Frage der Mischung zwischen jungen und älteren Spielern, zwischen Cleverness und Athletik. Wenn es um den Zeithorizont geht, dann gibt es natürlich Spieler, die man auch gerne sehr langfristig verpflichten würde, wie beispielsweise einen Sebastian Herrera, der noch sehr jung ist, der alle Fähigkeiten besitzt und charakterlich einwandfrei ist. Ihm hätte ich auch vier Jahre anstatt zwei Jahre Vertrag gegeben.

Das Alter eines Spielers ist grundsätzlich mehr als die Zahl. Es geht darum, wie ein Spieler sich um den Körper kümmert. Wenn man einen neuen Spieler holt, schaut man deshalb nicht nur auf das Alter, man schaut auf Verletzungen, auf die bisherigen Stationen, auf die Belastungen, die ein Spieler beispielsweise in der Euroleague hatte.

Wir haben vier Neuzugänge verpflichtet, fangen wir an, über diese zu sprechen, komme ich zuerst auf Keith Hornsby. Welche Erwartungen hast du an ihn?

Keith ist ein Spieler, den ich schon während seiner Zeit in den USA beobachtet habe.  Er war auf der Liste der Spieler, die wir verpflichten wollten, ganz oben, wir wollten Keith unbedingt haben. Dementsprechend haben wir uns sehr früh Kontakt mit ihm aufgenommen. Keith spielt sehr modernen Basketball, kann auf verschiedene Weisen scoren, kann mit seinem Körper als Small Forward spielen, aber auch als Guard. Ich traue ihm zu, dass er auch den nächsten Schritt in Richtung Euroleague noch machen kann.

Kannst du da einmal ein wenig ins Detail gehen, wie diese Verpflichtung abgelaufen ist?

Bei ihm war für mich die Frage, ob er den Schritt auf den europäischen Kontinent machen kann. Er hat in der G-League sehr stark gespielt, aber ich wollte wissen, wie er sich auf die Umstände in Europa einstellen kann. Diese Möglichkeit hat Keith in Polen genutzt und das war für mich das erste Zeichen, dass er zu uns passt. Ich habe Keith bei einem Spiel gegen Gdynia gesehen. Dort hat er den Schlüsselspieler Josh Bostic, der ein echtes Kraftpaket und ein Scorer auf SG und SF ist, verteidigt. Ein weiterer wichtiger Aspekt, der gezeigt hat, dass Keith auch hinter Rickey Minuten auf Small Forward spielen kann. Zusätzlich habe ich mit vielen Begleitern seiner Karriere vom College über die Dallas Mavericks bis zu seiner Zeit in Polen gesprochen, ich habe auch Kontakt mit Gegenspielern gehabt. Diese Informationen haben alle ein passendes Bild ergeben und wir haben die Verhandlungen begonnen.

Sebastian Herrera und Martin Breunig waren zwei sehr begehrte deutsche Spieler auf dem Markt, ihre Entscheidung fiel aber für die EWE Baskets. Wie kam es dazu?

Ich denke wir haben bei beiden Spielern gute Momente gefunden, um ins Gespräch zu kommen. Wir haben unser Programm präsentiert, die hervorragenden Möglichkeiten und das Umfeld hier in Oldenburg vorgestellt und konnten beide Spieler für unsere Vorstellung der Zukunft begeistern, obwohl uns der Bonuspunkt europäischer Wettbewerb fehlte. Sebastian und Martin waren zwei der besten deutschen Spieler auf dem Markt und ich bin stolz, dass beide Spieler nach Oldenburg kommen. Diese Entscheidung spricht für unseren gesamten Standort, denn natürlich checken die Spieler auch uns und sehen, dass wir uns seit Jahren in eine sehr gute Richtung entwickeln. Gleichzeitig ist es wichtig, dass diese Entwicklung in allen Bereichen anhält, damit diese Faktoren auch zukünftig für uns sprechen. Dazu kommt dann noch die familiäre Atmosphäre in unserem Club.

Auf den großen Positionen fällt die Unterschiedlichkeit der Spielertypen auf. Welchen Vorteil siehst du darin?

Bei der Kaderplanung schaut man natürlich auf die Philosophie und Schwächen im Kader der Vorsaison. Wir haben jetzt auf den großen Positionen viele Möglichkeiten, uns auf den Gegner anzupassen und gleichzeitig Schwächen beim Gegner aufzudecken. Martin und Rasid sind ganz unterschiedliche Spielertypen, Nathan und Philipp sind auch ganz unterschiedliche Spieler, Nathan kann zusätzlich auch auf der 5 agieren. Dazu kommt Norris Agbakoko in dieser Saison als 5. Big. Bei ihm haben wir eine Entwicklung erkannt und wollen diesen Prozess fortsetzen, indem Norris vor allem im Training bei uns weiterhin lernt.

Der letzte Neuzugang ist Phil Pressey, dessen Vita ungewöhnlich für einen Spieler bei uns ist. Wie ist die Idee entstanden, Phil zu den EWE Baskets zu holen?

Phil ist ein Spieler, den man grundsätzlich auf dem Radar hat. Neben seiner Zeit in der NBA hat er für große Clubs wie den FC Barcelona und Besiktas Istanbul gespielt, somit auch in den höchsten europäischen Wettbewerben, hat auch in der vergangenen Saison in Spanien gespielt. Schon im Frühjahr habe ich mit einem Ex-Coach von ihm das erste Gespräch über Phil geführt. Seither liefen die Gedanken Phil nach Oldenburg zu holen. Ich war nicht davon überzeugt, dass ein Spieler mit dieser Klasse und Vita den Weg zu uns findet. Im Endeffekt hat uns auch in diesem Fall unser Ruf geholfen, viele Menschen haben unseren Club empfohlen und wir haben mit großer Motivation um Phil gekämpft.

Was kann man von Phil sportlich erwarten und was braucht unser Team auch von ihm?

Grundsätzlich sollte man als Team nicht versuchen, erfolgreiche Spielertypen zu kopieren. Wenn man beispielsweise an Maxime De Zeeuw und Nathan Boothe denkt: Das sind zwei sehr unterschiedliche Spieler. Als Brian Qvale, der bei uns ein Topspieler war, ging, haben wir keine Kopie von Brian gesucht, sondern Rasid geholt.

Wenn wir jetzt auf die Guard-Positionen schauen, war McConnell ein anderer Spielertyp als Kramer, Cummings dann wiederum anders als McConnell. Insofern sollte man sich nicht verleiten lassen, jetzt bei den Point Guards immer nach dem Typ „Will Cummings“ zu schauen.

Phil ist kein Scorer. Bei ihm wird über seine Schnelligkeit gesprochen, seine Pässe, seine Spielübersicht – unterschätzt wird aber, dass er der beste Guard-Verteidiger in Spanien war. Seit Jahren hat Phil eine sehr hohe Quote an Steals in allen Ligen, obwohl er kein Spieler ist, der nur auf die Steals spekuliert. Im Gegenteil  verteidigt er einfach hart über das ganze Feld. Alle Spieler mit denen ich gesprochen habe, haben ihn als ihren nervigsten Gegenspieler bezeichnet. Phil ist ein moderner Guard, der das Spiel auf beiden Seiten beeinflussen kann und danach haben wir gesucht.

Man kann kein Interview führen, ohne über die Bedeutung von Rickey zu sprechen. Warum ist er für euch auch in der nächsten Saison der Kern unseres Teams?

Es ist egal, welche Rolle oder welche Minutenzahl Rickey auf dem Parkett hat, ein Team wird sich immer um ihn formieren. Er ist einfach so ein Typ. Auch in der letzten Saison war Rickey ein unersetzlicher Baustein unseres Teams. Schon ein Training ohne Rickey ist nicht das Gleiche wie mit ihm. Diese Persönlichkeit und Ausstrahlung hinterlässt immer eine Lücke. Rickey ist einfach der wichtigste Mensch in unserem Team.

Die letzte Frage wäre, was du dir für die nächste Saison wünscht.

Das Wichtigste ist, dass wir eine Lösung für die Corona-Pandemie finden. Die Gesundheit steht für uns alle im Privatleben und bei den EWE Baskets an erster Stelle. Gerade im Sport ist es das höchste Gut.

Sportlich haben wir auf dem Papier eines der besten Teams unserer Club-Geschichte, wir müssen aber auch abwarten, wie die Mannschaft dann auf dem Parkett funktioniert.

Am Ende wünsche ich mir die Rückkehr der Zuschauer. Die Fans, die Stimmung, die Emotionen sind für uns der Kick, der Grund warum wir spielen!