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Klaric im Interview: Run&Gun passt nicht nach Oldenburg

15.08.2020

 Bild: Ulf Duda/fotoduda.de

Als eines der ersten Teams der easyCredit BBL hatten die EWE Baskets Oldenburg ihren Kader für die Saison 2020/2021 komplettiert. Die Mannschaft ist bereit für den Trainingsauftakt, der Ende August folgen soll. Wir haben mit dem sportlichen Leiter Srdjan Klaric im ersten Teil des Interviews über die vergangene Saison, die Folgen der Corona-Pandemie und die Club-Philosophie bei der Teamzusammenstellung gesprochen. Der zweite Teil des Interviews folgt am Sonntag.

Bevor wir über den neuen Kader sprechen, werfen wir noch einmal einen Blick zurück. Wie ordnest du die vergangene Saison für dich ein?

Wir können auf die Saison stolz sein, Mladen und das Team haben eine hervorragende Saison gespielt. In der BBL standen wir vor dem Beginn der Pandemie auf dem fünften Platz. Europäisch waren wir eine der positiven Überraschungen. Dieser Eindruck, dass wir Deutschland in einem starken Wettbewerb gut vertreten haben, wurde mir auch in vielen Gesprächen bestätigt. Im Pokal sind wir nur mit  Auswärtsspielen bis in Finale gekommen. Damit können wir angesichts der Belastung und der vielen Verletzungen sehr zufrieden sein.

Wie problematisch war die Saison mit den Verletzungen und der Pause?

Wir, das Team, aber auch die Fans, sind immer sehr ehrgeizig und wollen immer den nächsten Schritt gehen. Da wird man dann oft verführt, den Gesamteindruck nur am letzten Spiel zu messen. Es war nicht einfach, nach vielen Verletzungen über die Saison unseren Rhythmus als Team zu finden. Ich habe noch nie über ein ganzes Jahr hinweg durchgehend neue Spieler für unser Team scouten müssen. Uns fehlte über ein halbes Jahr einer unserer besten Spieler. Dann folgte die Pause durch das Coronavirus und die kurze Vorbereitung auf München. 

Wie hast du dann das Turnier in München wahrgenommen?

Wir wurden gegen Ulm von einer Mannschaft im Rhythmus erwischt, haben uns dann aber als Team sportlich und mit unserem Auftreten im Hotel sehr gut präsentiert. Wir haben mit Bayern und zwei Mal Bamberg Teams auf hohem Niveau besiegt. Als Sportler waren die Spiele gegen Berlin dann auch für mich nicht, was ich mir gewünscht hätte. Man muss aber fairerweise sagen und das hat Berlin dann auch im Finale bewiesen, dass ALBA mit der Athletik, spielerisch, taktisch und mit den Möglichkeiten, die der Club hat, in der vergangenen Saison die deutlich beste Mannschaft war. Insgesamt war eine spezielle Situation mit Umständen, die noch niemand erlebt hat. Dabei ist es egal ob man über die Vorbereitung, Anreise, unterschiedliche Trainingszustände der Teilnehmer oder die Spiele ohne Zuschauer spricht. Unsere Mannschaft ist für dieses Turnierformat mit den ganz kurzen Abständen zwischen den Spielen nicht konzipiert worden.  Ich bin stolz auf das Auftreten unserer Mannschaft.

Wie bedeutend ist der Faktor Mladen für den Erfolg unseres Standorts?

Der Trainerjob ist kein leichter Job und ist an jedem Tag mit hohem Druck verbunden, dies gilt heute noch deutlich stärker ausgeprägt als früher. Mladen ist allerdings ein Trainer, der sich selbst den höchsten Druck macht, der eine unglaubliche Arbeitseinstellung hat, der den Anspruch hat, seinen Job perfekt zu machen und zwar wirklich an jedem Tag.

Mladen ist kein Showman,  es geht ihm nicht darum, sich zu verkaufen oder sein Image zu steigern. Hinzu kommt, dass Mladen sich seinen Weg nach oben als Trainer erarbeitet hat, er vom Nachwuchstrainer zum BBL-Coach geworden ist. Möglicherweise bekommt er deshalb nicht immer die öffentliche Wertschätzung, wir hier im Club nehmen seine Qualitäten aber genau wahr und können die Kraft einschätzen, die Mladen hier investiert.

Im Endeffekt muss man nur auf die Siege und Erfolge schauen, die Mladen gefeiert hat. Finale und 2x Halbfinale in der BBL, zwei Mal die beste Hauptrunde der Club-Geschichte, Pokalsieger und Pokalfinale, dazu noch die beiden Titel in der ProB: Es gibt nicht viele deutsche Trainer, die in den letzten zehn Jahren eine derartige Bilanz aufweisen können.

 

In der Gesamtbetrachtung: Welche positiven oder negativen Lehren habt ihr aus der vergangenen Saison gezogen?

Grundsätzlich muss jeder Mensch aus der Vergangenheit Lehren ziehen, um weiter erfolgreich zu sein. Das gilt auch für die letzte Saison, die natürlich ganz viele besondere Herausforderungen hatte. Insgesamt arbeite ich heute deutlich anders, als zu meinem Start vor fünf, sechs Jahren.

Bezogen auf den Kader ist es in jedem Jahr so, dass du die Mannschaft eine gewisse Zeit zusammen hast und dann siehst, was dem Team vielleicht noch fehlt, welcher Spielertyp noch wichtig wäre. Für diese fehlenden Punkte, wichtig ist da natürlich ob es Kleinigkeiten oder entscheidende Aspekte sind, sucht man Lösungen. Im letzten Jahr haben wir beispielsweise Tyler Larson im Saisonverlauf bekommen, der uns Stabilität auf der Aufbauposition gegeben hat. Danach haben wir dann besseren Basketball gespielt. Ähnliche Gedanken wie man sich verbessern kann, verfolgt man dann natürlich auch mit den Neuverpflichtungen für die neue Saison.

Die Corona-Pandemie hat uns alle getroffen, welche Probleme haben sich dadurch für dich ergeben?

Zunächst einmal ging es für uns alle gemeinsam mit dem Team, den Sponsoren und den Fans darum, die vergangene Saison zu überstehen. Das bedeutete natürlich auch, dass man bestimmte Ideen auf dem Spielermarkt zu dem Zeitpunkt nicht umsetzen konnte. Außerdem nehmen wir auch aus diesem Grund nicht am internationalen Wettbewerb teil und haben wegen der Folgen der Pandemie unser ProB-Team zurückgezogen. Wir mussten in dieser Situation seriös vorgehen und haben gegenüber den Mitarbeitern aber auch den Menschen in der Region die Verantwortung, dass es diesen Club auch in 10, 20 oder 50 Jahren noch gibt. Es wird auch für die Vorbereitung Auswirkungen haben, weil wir nicht für ein Trainingslager ins Ausland fahren werden. Corona hat meinen Job schwerer gemacht, aber das gilt wahrscheinlich für fast alle Menschen auf der Welt. Wir müssen damit leben, bis wir eine medizinische Lösung haben.

Welche Auswirkungen hast du auf dem Spielermarkt erlebt?

Man kann sagen, dass deutlich mehr Taktik im Spiel war. Zuerst gab es unter den Agenten eine Art Panik, dann hat sich der Markt sehr beruhigt und am Ende nahm die Unruhe wieder deutlich zu. Ich denke, dass wir in diesem Umfeld sehr kluge Entscheidungen getroffen haben und sehr gut auf die Entwicklungen reagiert haben.

Zunächst wusste keiner in Europa, wie die finanzielle Situation durch Sponsoring, TV und Zuschauereinnahmen aussehen wird. Agenten und Spieler waren unsicher, welches Gehalt in diesem Markt noch möglich ist. Die Ligen auf der ganzen Welt haben unterschiedlich reagiert. In diesem Chaos muss man die Ruhe bewahren. Wir haben immer wieder geschaut, was für uns möglich ist und haben dann vernünftige Entscheidungen getroffen.

Bei uns fällt auf, dass wir uns auch in diesem Jahr wieder für hohe Kontinuität im Kader entschieden haben. Warum ist diese Situation bei uns so?

Man muss seinen Spieler und Mitarbeitern gegenüber transparent und ehrlich auftreten. Wir haben gemeinsam Verzicht geübt, als es nötig war und haben jetzt eine bessere Situation. Wir versuchen immer unseren Spielern die Umstände so sicher und angenehm wie möglich zu machen. Das galt beim Umgang mit den Verletzungen und gilt in der Zeit der Pandemie. Spielerisch und menschlich machen wir alles möglich, um die Chance für eine Weiterentwicklung zu bieten. Ich glaube der Einsatz mit dem wir das betreiben, ist keine Selbstverständlichkeit und wird anerkannt. Wenn wir diese Einstellung auch auf der anderen Seite erkennen, dann kämpfen wir dafür, dass diese Spieler bei uns bleiben.

Wie würdest du dein grundsätzliches Vorgehen bei der Kaderplanung sehen?

Das ist ein komplexes Thema. Die Analyse der Vorsaison ist sehr wichtig und dabei muss man sehr ehrlich mit sich umgehen. Was haben wir gut gemacht, was nicht, wo haben wir Fehler gemacht. Damit umzugehen ist auch Teil des Jobs, sonst wäre es auch uninteressant, weil dann das Budget alles regeln würde. 

Natürlich sind die deutschen Spieler in der Kaderplanung sehr entscheidend, gleichzeitig hat sich die Situation dort bei uns ohne ProB-Team nun in Bezug auf Doppellizenzspieler oder Spieler, die im Training unterstützen auch ein Stück weit verändert.

Man schaut auf die Bereiche, wo dem Kader etwas fehlte, beispielsweise Athletik oder mehr qualitative Tiefe auf den großen Positionen. Dann betrachtet man die Spielphilosophie, die Mladen und der Club haben und versucht dafür die passenden Spieler  zu finden.

Kannst du näher erklären, welche Philosophie unsere Teamzusammenstellung bestimmt?

Ich denke, dass ein Team, das extrem athletisch ist, dem es aber in der technischen und taktischen Ausbildung und im Basketball-IQ fehlt, nicht zur Stadt Oldenburg und zu unseren Fans und Sponsoren passt. Wir hatten über die Jahre immer intelligente und taktisch gut ausgebildete Spieler, diese Spielweise hat uns viel Freude gebracht. Wenn Kraft und Athletik dazukommen ist es noch besser, aber Run & Gun-Basketball passt nicht nach Oldenburg.

Der letzte Aspekt und vielleicht gleichzeitig der wichtigste Aspekt ist der Charakter. Wenn die anderen Faktoren stimmen und dazu noch ein guter Charakter und eine gute Teamchemie kommen, dann hat man Erfolg.

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