Srdjan Klaric hat derzeit den spannendsten Job bei den EWE Baskets. Der Sportmanager wählt geeignete Spieler für den BBL-Kader aus, und sein Vorgehen ähnelt dabei manchmal einem Profiler aus einer amerikanischen Krimiserie.
Zwar geht es bei der Lösung eines aktuellen Falls nicht um Leben und Tod, dafür hat es eine Menge mit dem Seelenheil von Menschen zu tun - und deren Portemonnaie. „Meine Aufgabe fordert mich in höchstem Maße heraus“, sagt Klaric, der offiziell seit Mai bei den EWE Baskets im Amt ist. „Seit einiger Zeit kreisen mein Denken und Handeln fast komplett um die Verpflichtung neuer Spieler. Ich bewege mich dabei in mehreren Zeitzonen, verschiedenen Sprachen und unterschiedlichen Kulturkreisen. Es ist manchmal gar nicht so einfach, exakt zu justieren, wo ich gerade bin“, meint der 43-Jährige schmunzelnd. Für die Spielerrecherche ist die Kommunikation über Smartphone, Social Media und Skype einfacher geworden. Andererseits gönnt die absolute Erreichbarkeit mit „24/7“ den handelnden Akteuren kaum noch Pausen.
Von Hause aus liefert Basketball weltweit eine Unmenge an Videos, Statistiken und Parametern über nahezu jeden talentierten Spieler ab dem gehobenen Nachwuchsbereich. Als „Fallanalytiker“ muss Klaric allerdings hinter die Zahl dringen, viel mehr in den Kopf des Kandidaten und auch in dessen persönliches Umfeld. „Welcher Charakter verbirgt sich da? Welche Umgebung braucht der Spieler - privat wie beruflich? Wie ist sein persönliches Verhältnis zu Kollegen? Das sind alles Fragen, die mir kein DVD-Zusammenschnitt oder Scouting beantworten kann.“ Dem Video-Studium folgt die Rasterfahndung. „Gemeinsam mit Geschäftsführer Hermann Schüller und Headcoach Mladen Drijencic haben wir ein Bedarfsprofil für den neuen Kader erstellt. Welche Spieler können am besten dabei helfen, unsere Idee von erfolgreichem Basketball umzusetzen? Gerade auf den Schlüsselpositionen müssen Antworten gefunden werden, wie zum Beispiel: Welcher Point Guard passt zu welchem Center, um Pick and Roll zu spielen?“
Die EWE Baskets und die Basketball-Region kennt Klaric wie seine Westentasche. Als Assistent von Headcoach Predrag Krunic gewann er im Jahr 2008/09 mit dem Team die Deutsche Meisterschaft. Auch danach ist er - im Wortsinn - immer am Ball geblieben. Bei der TSG Westerstede, Kooperationspartner der Baskets Akademie Weser-Ems, zum Beispiel, oder als Lehrer im Schulsport, für die Baskets als Scout. Deshalb musste er nach dem Job-Angebot der Club-Führung eigentlich nur den Schalter umlegen. „Dass ich von Hermann Schüller gefragt wurde, empfinde ich als großes Privileg. Deshalb werde ich alles dafür tun, um mit dem Club erfolgreich zu sein“, sagt der gebürtige Serbe mit deutschem Pass. „Meine Tätigkeit soll die Kommunikation im Sportbereich optimieren. Ich sehe mich als Schnittstelle zwischen Spielern, Trainern und Geschäftsführung.“
Der 1,96 m große, ehemalige Basketballer kennt die verschiedenen Phasen in der Offseason nur zu gut. „Ich habe gelernt, hartnäckig zu sein. Ich weiß, was Spieler, Agenten, Trainer und Clubbesitzer denken und wie sie agieren. Die einen sind klar und ehrlich. Andere sind auch in Verhandlungen Spieler und wollen ordentlich zocken. Wieder andere lernte man erst in den Transfergesprächen so richtig kennen“, erzählt Klaric. Um die Puzzleteile zu einem aussagekräftigen Bild zusammenzufügen, spricht er mit möglichst vielen Menschen. „Am Ende können es schon mal 100 Anrufe sein. Und trotzdem hast du keine Gewähr, dass es zur Unterschrift kommen wird.“
Srdjan Klaric bekennt, dass sich mitunter Besessenheit in ihm breit macht. „Wenn ich mich in einen Spieler verliebe, wird es sehr hart“, lacht der Sportmanager. „Dann sehe ich ihn schon im gelb-blauen Trikot auflaufen.“ Nach intensiven Gesprächen scheint alles geklärt. Manch einem Spieler werde eine Brücke nach der anderen gebaut. Und dann schließlich liege das Angebot der EWE Baskets fertig auf dem Tisch, „und ich höre drei, vier Tage lang nichts mehr von der anderen Seite. Das kann sehr zermürbend sein. Ich gehe dann lieber ins Fitnessstudio und baue dort meine Anspannung ab.“
Wie ein Kartenhaus könne eine vermeintlich gute Strategie im letzten Moment zusammenfallen, so Klaric, „weil der Spieler von einem Freund erfahren hat, dass in Israel das Wetter besser ist als in Oldenburg. Was willst du da machen? Vor Überraschungen ist man in diesem Geschäft nie gefeit. Es gibt eben keine Schablone für einen erfolgreichen Deal.“ Die Zusammenstellung für den aktuellen Kader hält er für stimmig. Der Abschluss mit einem Point Guard stehe bevor, ein Center komme noch hinzu. „Und dann kann ich endlich mit meiner Familie in den Urlaub fahren“, freut sich Privatmann Klaric, der am serbischen Zielort ein paar Wochen später wieder zum Basketball-Manager Klaric wird, wenn die EWE Baskets in Zlatibor ihr Trainingslager aufschlagen.
Text: Oliver Schulz, EWE Baskets Oldenburg
Foto: Ulf Duda/fotoduda.de