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"Voller Einsatz und totale Identifizierung mit dem Club"

09.06.2015

Mladen Drijencic bastelt mit Baskets-Chef Hermann Schüller und Sportmanager Srdjan Klaric am Kader für die neue Saison. Wir haben mit dem Headcoach über den Umbruch, die Verjüngung im Team und seine Spielphilosophie gesprochen.

Mladen, die ersten Monate als Trainer in der BBL liegen hinter Dir. Wie fällt der Rückblick auf die vergangenen Monate aus?

Es war eine Situation, vor der ich in meiner Trainerlaufbahn noch nie gestanden habe. Zum einen musste ich das höhere Niveau der BBL annehmen, zum anderen musste ich erstmals eine Mannschaft während der Saison übernehmen und sie im laufenden Wettbewerb verändern. Es war nicht leicht, den richtigen Weg zu finden. Zu größerem Erfolg hat uns vor allem die Zeit gefehlt - und nicht Wille, Mut und Bereitschaft. Es war eine lehrreiche Phase mit viel Arbeit, die sich am Ende mit dem Pokalsieg, dem Erreichen der Playoffs und drei guten Spielen gegen Berlin auf jeden Fall gelohnt hat. Jetzt heißt es, eine neue Mannschaft zu bauen und Spieler zu finden, die zu unserer Identität und meinem Spielstil passen. Ich freue mich darauf, mit dem neuen Team von Null zu starten und es an jedem Tag und in jedem Training zu entwickeln.

Wie gehst Du die Planung einer neuen Mannschaft an?

Zuerst haben wir - also Geschäftsführung und Trainer - die vergangene Saison analysiert: An welchen Stellen hat uns etwas für den Erfolg gefehlt? Wo hätten wir mit Veränderungen erfolgreicher sein können? Dann ging unser Blick auf die Entwicklungen in der BBL: Auf welchen Positionen verpflichtet die Konkurrenz höchste Qualität? Welchen Spielstil pflegen Mannschaften in der Liga? Welche Teams bevorzugen welche Qualitäten bei ihren Spielern auf unterschiedlichen Positionen? Geht der Trend zum klassischen Brettcenter oder gewinnt der athletische Center an Bedeutung? Den deutschen Markt kenne ich seit vielen Jahren, allerdings gilt es auch den Blick auf die internationalen Ligen zu schärfen.

Welche Konsequenzen wird das für die Kaderzusammenstellung haben?

Wir wollen eine junge, dynamische Mannschaft, in der die Spieler menschlich zu uns passen und sich zu diesem Club bekennen. Junge Akteure lassen sich in der Regel noch besser formen und entwickeln und können die Belastungen einer Saison besser kompensieren. Gleichzeitig wollen wir eine Mannschaft, in der die Altersspanne nicht so groß ist, damit wir als Gruppe noch besser zusammenwachsen können. Die Spieler sollen auch außerhalb des Parketts eine starke Einheit bilden und damit zum Beispiel auch für unsere jungen Spieler wie Dominic Lockhart und Jan Niklas Wimberg die Integration in die Mannschaft erleichtern. Außerdem wird die Liga immer athletischer, also müssen wir uns in diesem Bereich anpassen, um in der kommenden Saison konkurrenzfähig zu sein. Die Auswahl will gut überlegt sein. Ich bitte deshalb alle Anhänger um etwas Geduld.

Welche Werte sollen die Spieler auf dem Parkett verkörpern?

An meiner Grundeinstellung, dass wir alles mit 100 Prozent, mit Überzeugung und Leidenschaft machen müssen, hat sich nichts geändert. Egal, ob es um das Spiel, das Training, das Miteinander oder den Kontakt mit den Fans geht: Das alles müssen wir mit Leidenschaft und Emotionen machen. Wir wollen den Fokus und die positiven Emotionen verbinden, uns selber, die Teamkameraden und die Fans pushen. Es darf keine Situation auf dem Spielfeld geben, keinen Ball, um den wir nicht mit vollem Einsatz kämpfen. Wir müssen immer als Einheit auftreten. Dann verändert sich auch die Beurteilung der Leistung. Wenn man 100 Prozent gibt und trotzdem verliert, kann man eine Niederlage selbst akzeptieren und erhält gleichzeitig leichter die Möglichkeit, im taktischen Bereich Verbesserungen zu erreichen.

Wie sieht Deine Philosophie aus? Welcher Basketball schwebt Dir vor?

Wir wollen möglichst früh und weit von unserem Korb entfernt mit Druck und Aggressivität verteidigen. Aus dieser Situation heraus wollen wir immer wieder schnell nach vorne spielen. In der Offensive wird es um viel Bewegung und Dynamik im Spiel gehen.

Bei der Spielerauswahl hört man oft das Stichwort Charakter. Kann man diese Eigenschaft überhaupt scouten?

Das ist tatsächlich keine leichte und eine sehr umfangreiche Aufgabe. Natürlich hilft da das große Netzwerk von Srdjan Klaric. Man kann von ehemaligen Clubs, Trainern und Teamkollegen viele gute Informationen über einen Spieler bekommen. Trotzdem ist der persönliche Kontakt entscheidend. Der Spieler sollte die Rahmenbedingungen in Oldenburg und auch mich als Trainer vor der Verpflichtung kennen. Zwischen Spieler und Trainer sollte von Beginn an eine gute Chemie herrschen. Wenn man gut miteinander kommunizieren kann, wird die gemeinsame tägliche Arbeit und Entwicklung deutlich leichter. Ob dies gegeben ist, kann man aber nur im persönlichen Gespräch herausfinden.

Rickey Paulding und Chris Kramer sind zwei Stützen des neuen Teams. Kannst Du ihre Bedeutung und Rolle für die EWE Baskets einordnen?

Es gibt keine passenden Worte, um die Bedeutung von Rickey für den Standort und mich als Trainer annähernd ausreichend zu beschreiben. Rickey ist als Kapitän und mit seiner Art als Persönlichkeit der Grundstein für unser Team. Er lebt alle von mir geforderten Werte zu 100 Prozent vor und ist damit der ideale Anführer. Auch auf dem Parkett wird er uns mit seiner Erfahrung und als Mentor für die jungen Spieler enorm helfen.

Und Chris Kramer?

Chris musste in der vergangenen Saison die Rolle als Spielmacher übernehmen, fühlt sich aber deutlich wohler als Shooting Guard. Gleichzeitig kann Chris alle Positionen von 1 bis 3 verteidigen, kann also auch phasenweise als Allrounder dort eingesetzt werden. Mit seiner Dynamik wird Chris im Umschaltspiel wichtig sein, aber auch mit seinem aggressiven Zug zum Korb im Halbfeld. Dazu wird er mit seinen Qualitäten in der Verteidigung ein ganz wichtiger Baustein für unsere Defense sein.

Aus der Baskets Akademie Weser-Ems streben mit Jan Niklas Wimberg und Dominic Lockhart zwei Talente ins Profi-Team. Wie willst Du sie zukünftig einbauen?

Ich habe Dominic die letzten zwei Jahre trainiert und denke, dass Locke besonders Einfluss auf das Spiel nehmen kann, wenn er den Ball in den Händen hat. Er ist dann sehr gut in das Team integriert und kann das Spiel leiten. Deshalb sehe ich Dominic als Point Guard, den wir in der kommenden Saison auch von Beginn an als Back-up in diese Rolle wachsen lassen wollen. Auf dieser Position muss er Verantwortung übernehmen und kann seine Kreativität ausleben, während er als Shooting Guard oder kleiner Flügelspieler deutlich zurückhaltender agiert. Dazu muss er sicher noch lauter und selbstbewusster werden. Ich bin mir allerdings nach meinen Erfahrungen mit ihm in der ProB und BBL sehr sicher, dass er diesen Weg meistern wird.

Gilt das auch für Jan Niklas?

Ganz sicher. Jan Niklas Wimberg hätte mit seinem Spielverständnis auch in der vergangenen Saison schon in der BBL bestehen können. Er muss allerdings die Dynamik, Athletik und Härte noch ein Stück weit mehr annehmen. Seine Rolle im Team wird sich nach seinem Mut und seiner Aggressivität richten. Er ist bei mir auf Small Forward als zehnter Mann in der Rotation vorgesehen. Wenn er sich in den gerade angesprochenen Kategorien entwickelt, könnte er in Zukunft zusätzlich auch als Power Forward in Frage kommen. Primär wird Jan Niklas in der BBL zum Einsatz kommen, nur wenn es die Belastung zulässt gelegentlich auch in der ProB.

Das Gespräch führte Christian Ruhe.
Bild: Ulf Duda/fotoduda.de