Alles schon mal da gewesen: Philip Zwiener war mit ALBA BERLIN Meister und Pokalsieger - und erlitt beim Playoff-Gegner der EWE Baskets sportliche Rückschläge. Unter dem neuen Headcoach Mladen Drijencic will er an alter Wirkungsstätte zu alter Stärke zurückkehren.
Philip Zwiener ist ganz ordentlich rumgekommen in der Welt: China, Griechenland, Türkei, Aserbaidschan, Bulgarien, Schweden, Frankreich, Spanien und Slowenien zum Beispiel. Typisch Bremer Jung, könnte man sagen, immer von Fernweh geplagt. „Eigentlich nicht“, sagt der Basketball-Profi der EWE Baskets Oldenburg. „Ich bin eher ein bodenständiger Typ.“ Das Sportlerleben hat es nicht schlecht gemeint mit dem 29-Jährigen: 60 Länderspiele, Olympia-Teilnahme in Peking, 271 Partien in der Beko BBL bislang, Deutscher Meister und Pokalsieger.
Seit rund zehn Jahren ist Zwiener im Geschäft. In der großen Schublade der Erinnerungen verlieren sich zahllose Trainingsmomente, Kraftraumeinheiten, Videostudien, Hotellobbys, Busfahrten quer durch Deutschland sowie Flüge über den großen Teich und viele kleine Länder. Detailliert im Gedächtnis geblieben ist dem 2,01 m großen Flügelspieler allerdings die Saison 2007/08 bei ALBA BERLIN. Wie im Rausch habe er sich zuweilen bewegt, erinnert er sich. „Ein Jahr wie ein Traum.“
Olympia-Teilnahme, 17 Länderspiele, eine Meisterschaft innerhalb von zwölf Monaten - das kann sich sehen lassen. Zu seinen intensivsten Momenten gehören die Halbfinalspiele in den Playoffs im Mai 2008 gegen die EWE Baskets, die die Berliner nach hartem Kampf mit 3:1 gewannen. „Ich habe in der zweiten Partie in der kleinen EWE Arena fast 20 Minuten gespielt.“ So etwas vergisst ein Rollenspieler wie Zwiener nicht. Anschließend setzte sich sein Team durch den Finalsieg gegen die Telekom Baskets Bonn die Meisterkrone auf.
Dabei verlief der Saisonstart 2007 für ihn alles andere als verheißungsvoll. Von ALBA-Trainer Henrik Rödl im Jahr 2005 vom Zweitligisten Bremen Roosters für den Hauptstadtclub verpflichtet, hatte der neue Headcoach Luka Pavicevic zunächst einige Probleme mit Philip Zwiener - und umgekehrt. Da der Sport aber meist beide Seiten der Medaille abbildet, brachte den Flügelspieler das enorme Verletzungspech seiner Mitspieler zurück aufs Parkett. Schon vor Saisonstart fiel Aufbauspieler Goran Jeretin wegen eines Kreuzbandrisses aus. Im Oktober erlitt Zwieners Kumpel Johannes Herber dieselbe schwere Verletzung, zudem musste Nico Simon wegen Rückenproblemen passen.
In die Erfolgsspur zurück fanden die Berliner durch die Verpflichtung von Immanuel McElroy und Aleksandar Nadjfeji zu Jahresbeginn. In der von Pavicevic favorisierten kleinen Rotation um die späteren EWE Baskets-Profis Julius Jenkins und Bobby Brown sowie Patrick Femerling war vor allem Philip Zwiener gefordert. „Diese Chance wollte ich unbedingt nutzen.“ Beim 79:66-Sieg in Oldenburg sammelte er zudem vier Punkte und fünf Rebounds ein. Einige Wochen später durfte er sich Deutscher Meister nennen.
In gewisser Weise, sagt Zwiener rückblickend, war dieser wunderbare Sommer ein Wendepunkt. Wer an der Seite von Dirk Nowitzki gegen das US-Dream Team gespielt (zwei Punkte beim 57:106-Debakel) oder mit Tennis-Profi Roger Federer und Schwimmer Michael Phelps in der Mensa des Olympischen Dorfs gegessen hat, kann nicht darauf bauen, dass es so reibungslos weitergeht. Und Pavicevic ließ ihn das spüren. „Zu Beginn der neuen Saison war der Alltag schnell eingekehrt. Ich habe die meiste Zeit auf der Bank verbracht“, erinnert sich der damalige Nationalspieler. Zwei Spieljahre mit durchschnittlich neun Minuten Einsatzzeit - das Thema ALBA BERLIN hatte sich im Sommer 2010 offiziell erledigt. „Der Wechsel nach Trier zu meinem Förderer Henrik Rödl kam vielleicht zu spät, war aber der richtige Schritt. Der Spaß am Basketball und an der täglichen Arbeit waren endlich wieder da.“
Der Ehrgeiz und die Lust auf Titel haben Zwiener aber nie losgelassen. Und so war der Wechsel nach Oldenburg im Sommer 2014 eine logische Konsequenz. „Ich hatte wundervolle Jahre in Trier und bei den Eisbären Bremerhaven. Ich fühle mich aber stark genug, um noch mal anzugreifen und in den Playoffs zu spielen. Ich bin sehr glücklich, dass ich das mit den EWE Baskets kann.“ Im April reckte er den Pokal in die Höhe.
Auf die Rückkehr nach Berlin im Playoff-Viertelfinale freut er sich sehr. „Unser Sieg in der Schmeling-Halle Mitte Februar hat gezeigt, dass ALBA an einem guten Tag von uns auch zu Hause zu bezwingen ist.“ Dazu durfte Philip Zwiener kaum beigetragen, was ihn zusätzlich motiviert. Inzwischen heißt der Oldenburger Headcoach Mladen Drijencic, und der hat ihm das nötige Selbstvertrauen und die gebührende Wertschätzung zurückgegeben. „Es macht derzeit großen Spaß, Teil dieser erfolgreichen Mannschaft zu sein. Ich glaube, unser Weg ist noch nicht zu Ende.“
Text: Oliver Schulz/EWE Baskets
Bild: Ulf Duda/fotoduda.de