Eine kurze Zeit, in der das neue Trainerteam nahezu rund um die Uhr am Wandel innerhalb der Mannschaft arbeitet. Die ersten Früchte der Arbeit sind auf dem Feld zu erkennen, wir haben uns mit dem 49-Jährigen über den steinigen Weg zu alter Klasse unterhalten.
Mladen, gut zwei Wochen bist du jetzt Headcoach. Gib uns einen kurzen Einblick in die Arbeit im Wechselspiel zwischen Bundesliga-Alltag und TOP FOUR 2015.
Wir kommen aus einer Situation, in der wir uns mental in einem tiefen Loch befunden haben. Gleichzeitig stehen wir in einer wichtigen Phase der Saison. Ich bin mitten im Kampf um die Playoffs und zwei Wochen vor dem TOP FOUR 2015 zum Team gestoßen. Das ist eine sehr komplexe Situation. Wir müssen individuell mit den Spielern an der mentalen Situation arbeiten, allerdings im gleichen Moment die Mannschaft auch nach meinen eigenen Vorstellungen verändern. Zusätzlich muss man aber auch beachten, dass man nicht das alte Konzept komplett einreißen kann. Neben dieser grundsätzlichen Arbeit darf man auch nicht vergessen, sich auf den nächsten Gegner vorzubereiten.
Was bedeutet das für die tägliche Arbeit?
Eigentlich könnten wir den ganzen Tag in der Halle stehen und trainieren, aber wir müssen auch die Trainingssteuerung im Auge behalten. In dieser Phase der Saison gilt es auch für die Regeneration der Spieler zu sorgen.
Welche Fortschritte kannst du erkennen?
Wir haben jetzt einen ganz anderen Charakter auf dem Feld. Unser Fokus liegt auf der Verteidigung, in die jeder sich in jedem Moment einbringen muss. Wir spielen leidenschaftlich und mit viel Energie. Ich merke, dass wir an jedem Tag mehr zu einem echten Team wachsen. Wir messen uns allerdings mit Mannschaften, bei denen dieser Prozess schon über die ganze Saison läuft, bei denen Systeme und Prozesse besser ausgeprägt sind als bei uns.
Trotzdem habt ihr in Bonn bei einem starken Gegner über weite Strecken mindestens auf Augenhöhe agiert. Wie bewertest du die Leistung?
Man sollte nicht vergessen, welch starke Mannschaft Bonn in dieser Saison hat. Es stehen nicht zufällig erst zwei Heimniederlagen auf deren Konto. Trotzdem haben wir in Bonn das Spiel nach 30 Minuten im Griff gehabt. Unser Gegner konnte aus seinem üblichen offensiven Set-Play wenig kreieren. Wir hatten das Spiel unter Kontrolle. Normalerweise macht Bonn 83 Punkte im Schnitt, gegen uns waren es am Montag 70. Sie geben sonst 18,5 Assists, gegen uns waren es 15. Statt nur 13 Ballverlusten haben wir Bonn zu 16 gezwungen. Unsere Verteidigung hat die Zweierquote von 55 Prozent auf 37 gedrückt. Einzig die Dreierquote war mit 45 Prozent außergewöhnlich hoch.
Was ist aus deiner Sicht im letzten Viertel passiert?
Wir sind offensiv für vier Minuten eingebrochen. Als Bonn auf Zone umgestellt hat, hatten wir zwei sehr gute Spielzüge in Serie, die uns gute Optionen gebracht haben, die wir dann aber nicht genutzt haben. Dann kamen die schlechten Erinnerungen gegen die Zone der letzten Monate wieder in den Kopf und wir haben unser Selbstvertrauen verloren.
Was ging in diesem Moment in dir vor?
Ich habe selbst im letzten Viertel positive Zeichen gesehen. Wenn man als Team nur zwei Punkte erzielt, kann der Gegner normalerweise aus den vielen Rebounds schnell spielen und bekommt daher viele einfache Punkte. Da kann man, wie man in den Wochen vorher gesehen hat, auch schnell 25 oder mehr Punkte kassieren. Kein Spieler denkt an die eigenen Statistiken und alle Spieler machen viele Dinge, die in keiner Statistik auftauchen. Alle spielen mit höherer Intensität in der Verteidigung und uneigennützig im Angriff. Wenn ein Spieler dann viel mehr Energie in der Defensive lässt, wackelt vielleicht auch mal die Wurfhand in der Offensive. All diese Sachen geben mir Sicherheit, dass wir immer erfolgreicher spielen werden.
Was macht dich optimistisch, dass ihr beim TOP FOUR gegen Bonn gewinnt?
So ein Durchhänger wird uns nicht noch einmal passieren. Wir werden auf die wechselnde Verteidigung noch besser eingestellt sein. Wenn wir Bonn bei 70 halten, werden wir nicht noch einmal 59 Punkte erzielen. Unsere Trefferquoten werden besser sein und Inside werden wir deutlich besser abschließen.
Wie wichtig werden die Fans am Wochenende sein? Was erhoffst du dir von unseren Anhängern?
Ich hoffe die Fans verstehen unsere Situation. Meine Jungs geben wirklich alles auf dem Parkett, aber trotzdem wird nicht automatisch alles passen. Wir werden in jeder Situation mit 100 Prozent Energie agieren, aber es wird in den Spielen schwere Momente geben. Dann müssen die Fans mit der gleichen Energie für uns da sein. Wir müssen uns alle hinter der Mannschaft versammeln, eine Einheit sein. Nur wenn wir alle mit Feuer und Leidenschaft agieren, werden wir gemeinsam erfolgreich sein.
Text: Christian Ruhe, EWE Baskets Oldenburg
Bild: fotoduda.de