Am 23. Mai 2017 haben die EWE Baskets Oldenburg Sport-Geschichte geschrieben. In einem der legendärsten BBL-Spiele drehen die EWE Baskets eine bereits verloren geglaubte Partie. Im Halbfinale liegen die Oldenburger in der Serie gegen Ulm mit 0:1 hinten. Und es bahnt sich in Spiel 2 in der Großen EWE Arena ein Desaster an, denn Oldenburg liegt zur Halbzeit mit 27 Punkten hinten. Dann folgt eine spektakuläre Aufholjagd, Rickey Paulding trifft den wichtigsten Dreier seiner Karriere, den EWE Baskets gelingt das größte Comeback in der BBL-Historie und ein Rekord für die Ewigkeit.
Von Bernd Materne
March Madness – unter diesem Begriff sind die im März stattfindenden Playoffs im College bekannt. Madness bedeutet Wahnsinn. Bei den EWE Baskets startet diese Madness im Mai und raubt Oldenburg für sechs Wochen den Atem, schafft Momente und Emotionen, die für immer in Erinnerung bleiben werden.
Am 1. Mai 2017 steht das letzte Spiel der Hauptunde an. Bonn und Oldenburg – das ist eine besondere Geschichte, zumeist mit dem besseren Ende für uns. Beide Teams hätten mit einem Sieg den fünften Platz sicher. Wir erhoffen eine konzentrierte und leidenschaftlich spielende Mannschaft der EWE Baskets. Die Erwartungen werden fast noch übertroffen. Von Beginn an bestimmt die Mannschaft von Mladen Drijencic das Spiel. Das Ergebnis: 86:72 für die EWE Baskets! Platz fünf ist erreicht.
In den Playoffs wartet zunächst die Reise nach Bayreuth - zur Überraschungsmannschaft der Spielzeit. Ein tolles Team hat Coach Raoul Korner zusammengestellt. Playoffs - die Stimmung steigt, die Nervosität auch. Der Start ist in dieser Begegnung alles andere als erfolgsversprechend. Aber: Trotz 16 Punkten Rückstand kommen wir zurück, Moral wird die Mannschaft über die gesamten Playoffs auszeichnen. In einem dramatischen letzten Viertel holen sich Rickey und seine Leute dieses wichtige erste Spiel mit zwei Punkten Vorsprung.
Im ersten Heimspiel sehen 6.000 Zuschauer beeindruckenden Basketball. Die starke Defensive der Bayreuther wird aus den Angeln gehoben. Wir schenken den Gästen 102 Punkte ein – die 2:0 Führung ist perfekt. Spiel 3 geht trotz einer Aufholjagd verloren.
Zwei Tage später kommt es zu Duell Nummer vier. Oldenburg hat Matchball, die Nerven sind jetzt schon – in der ersten Playoff-Runde – zum Zerreißen gespannt. Aber die Baskets sind wach, holen das 3:1 und stehen im Halbfinale! In der Arena fallen sich die Leute in die Arme, jubeln, feiern die Mannschaft und das Trainer-Team. Wir sind unter den besten Vieren! Ein Riesenerfolg.
Im Halbfinale wartet Ulm, die zweite Überraschungsmannschaft der Spielzeit. 27 Spiele ab Saisonbeginn unbesiegt – Bundesliga-Rekord. Ganz Oldenburg will Revanche für das Aus in den Playoffs des Vorjahres. Den Auftakt aber gewinnt Ulm trotz einer couragierten Leistung unseres Teams und trotz 24 Punkten von Rickey.
Was dann aber am 23. Mai passiert, ist ein Spiel für die Ewigkeit: Basketballgeschichte, die in Deutschland und auch im Ausland für Aufsehen sorgt. Unkontrollierbare Emotionen, ein Wechselbad der Gefühle, die EWE-Arena kocht mehrfach über. Der absolute Wahnsinn!!!! Aber nicht zur Halbzeit. 33:60 für Ulm. Was dann passiert, ist allen wie auf Knopfdruck in Erinnerung und sorgt für Gänsehaut. Nach einer unglaublichen Aufholjagd steht es 90:90. Aber Per Günther knallt mit 8 Sekunden auf der Uhr einen frechen Dreier rein. Chris Kramer kommt im Gegenzug noch einmal an die Freiwurflinie. Dann kommt dieser Moment, der in der ganzen Basketballwelt inzwischen bekannt ist: Chris setzt den zweiten Freiwurf absichtlich auf den Ring, holt sich den Rebound, passt zu Rickey. Und sein Kumpel, unser Captain, der Begründer von Pauldingburg springt hoch und... wirft den Dreier aus der Ecke in höchster Bedrängnis mit Ablauf der Uhr die Reuse! Der Lärmpegel nach Rickeys Dreier zu Ausgleich in der Großen EWE Arena wird mir unvergesslich bleiben. WAHNSINN! Madness, wie die Amerikaner sagen.
In der Verlängerung ist es der nie zu stoppende Rickey, der uns zum Sieg führt. Aber auch die Mannschaft und die Fans, ALLE haben Ulm besiegt. Man liegt sich in den Armen, lacht, jubelt, lässt Tränen laufen.
Es steht aber lediglich 1:1.
Am 27. Mai geht es in Ulm weiter. Wir machen uns mit großem Optimismus auf die Reise. In Ulm ist es heiß. 6.200 Zuschauern stehen wie ein Mann hinter dem Ersten der Punktrunde. Aber am Ende sind sie still. Die EWE Baskets gewinnen 68:61!! Der Jubel ist groß bei Mannschaft, Umfeld und Fans. Wie man so schön sagt: Wir haben Matchball! Wer hätte das vor acht Wochen gedacht? Wieder Wahnsinn.
Drei Tage später also Spiel 4 in Oldenburg. Es herrscht Basketballfieber in Pauldingburg und umzu. Die Tickets sind innerhalb weniger Minuten weg, die Euphorie ist überall spürbar. Doch Ulm verteidigt knallhart. Und wie die Ulmer in Spiel drei verkrampft waren, so sind wir es nun. Zurück auf dem Boden der Tatsachen. 61:74 verloren. 2:2. Nach dem Spiel sagen einige Optimisten: Dann also bis zum nächsten Mittwoch. Mittwoch? Da wäre Spiel zwei der Finalserie in Oldenburg.
Auf zu Spiel 5, wir wollen ins Finale und einer will es wieder besonders: Rickey!!! Unsere Jungs sind von der ersten Sekunde an da. Halbzeit: Ulm 31, Oldenburg 40. Aber Ulm kommt näher. Drei Sekunden vor dem Schlusspfiff führen wir mit 78:74. Es droht der gleiche Spannungsbogen wie in Spiel 2. Karsten Tadda - damals noch in Ulm unter Vertrag - wird gefoult, haut Freiwurf Nummer eins rein. Der zweite Ball geht auf den Ring, der Dreier zum Ausgleich soll folgen. Aber da haben sie die Rechnung ohne Maxim De Zeeuw gemacht: mit allem was er hat, geht Maxim zum Rebound, und krallt sich die Kugel: Aus, vorbei, gewonnen!!!
Ein einziger Oldenburger Jubelsturm in der Ulmer Arena - WIR sind im Finale! Die EWE Baskets Oldenburg haben eine verrückte, eine wahnsinnige Serie gegen Ulm gezeigt und gewonnen! Danke an das Team, Danke an Mladen und allen, die dazu gehören, Danke, danke, liebe Fans! Es wird unvergesslich bleiben. Wahnsinn. Madness.