In dieser Partie war alles drin, was Basketball so attraktiv und spannend macht: Ein Spiel auf Messers Schneide. Aus zwischenzeitlich scheinbaren Verlierern wurden Gewinner. Aus zwischenzeitlich sicheren Gewinnern wurden Verlierer. Dazu ein Center-Duell der Extraklasse - und ein Oldenburger Verteidigungskünstler, der die zuvor so selbstsicheren Hausherren aus dem Tritt brachte.
Die EWE Baskets Oldenburg und ihre Anhänger haben am Samstagabend beim 99:95-Auswärtserfolg bei den Giessen 46ers vor 3.447 Zuschauern eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt - und am Ende in beeindruckender Manier den 12. Saisonsieg am 19. Spieltag der easyCredit BBL eingefahren.
Die Auftaktminuten in der Sporthalle Gießen-Ost waren von Oldenburger Defensiv-Aktionen geprägt. Rasid Mahalbasic hatte schon nach etwas mehr als 6 Minuten 3 Steals, Rickey Paulding blockt einen Gießener Wurf. Doch einen Gegenspieler kriegten die EWE Baskets im 1. Viertel überhaupt nicht in den Griff: John Bryant. Gießens Center hatte bereits nach 10 Minuten Spielzeit 18 und vor der Halbzeitpause 24 Punkte auf dem Konto. Am Ende markierte der 30-Jährige mit 38 Punkten eine persönliche BBL-Bestmarke. Aus einer 15:10-Führung Mitte des ersten Durchgangs wurde so ein 23:26-Rückstand.
Gegen Gießens One-Man-Show unter dem Brett setzte Mladen Drijencic spätestens im 2. Viertel auf wechselnde Gegenspieler für Bryant. Nach Starting Center Mahalbasic war Marko Bacak an der Reihe, danach stemmte sich Isaiah Philmore gegen den 127-Kilo-Mann der Hessen, dann wieder Mahalbasic. Das zeigte Wirkung: Bryant kam bis tief ins 2. Viertel auf nur noch zwei Punkte. Allerdings gelang es den Hausherren, mit Erfolg auf andere Optionen im Angriff zu setzen. Knapp 2 Minuten vor der Halbzeit setzte Austin Hollins drei Freiwürfe in die Oldenburger Korb. Zum ersten Mal lagen die Gießener mit 49:39 zweistellig in Front und legten zur Halbzeit mit 56:44 noch eine Schippe drauf.
Kurios hierbei: Während die EWE Baskets nur 4 Turnover machten, verloren die 46ers gleich 9 Mal in den ersten beiden Vierteln den Ball an den Gegner. Stärker waren die Gastgeber jedoch zu diesem Zeitpunkt beim Rebound (18:11) und von der Dreierlinie (50% zu 33%).
Wesentlich aggressiver gingen die Oldenburger zum Auftakt des 3. Viertels zu Werke. Jetzt hatte Karsten Tadda, der in der vorletzten Saison in Gießen unter Vertrag gestanden hatte, seinen großen Auftritt. Entschlossen und abgezockt „klaute“ er Bryant 44 Sekunden nach Wiederbeginn beim Dribbling den Ball, um dann direkt beim anschließenden Angriff Mahalbasic mustergültig zu bedienen. Kurz darauf zog Tadda dann bei einem Layup gegen Bryant das Foul. Als Oldenburgs Nationalspieler nach knapp 5 Minuten per Dreier auf 56:60 verkürzte, wackelten die zuvor so energiegeladenen Gießener erheblich. Von einem weiteren Tadda-Steal profitierte Armani Moore, der den Ball spektakulär per Dunking in den Korb donnerte. Die Punkte zur ersten Oldenburger Führung nach langer Zeit waren Mickey McConnell von der Freiwurflinie zum 62:60 vorbehalten. Es vergingen 6 Minuten und 50 Sekunden, bis Gießens ansonsten überragender Bryant per Freiwurf seinen ersten Punkt in Halbzeit zwei erzielte - ein weiterer Ausweis der nun wirkungsvollen Verteidigung des Vizemeisters.
Im letzten Viertel ließen sich Oldenburger die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Es war beeindruckend, wie das Team von Mladen Drijencic dieses Spiel noch in den Griff bekommen hat. Im Schatten des Center-Duells Mahalbasic (26 Punkte, 9 Rebounds, gegen Bryant ging fast unter, dass Aufbauspieler Mickey McConnell mit 24 Punkten und 8 Rebounds ebenfalls einen großen Anteil am Sieg hatte.