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Gerold Lange feiert 85. Geburtstag! Doppelinterview mit Hermann Schüller: „Unser Motto war: Wir machen was daraus!“

29.09.2017

Gerold Lange und Hermann Schüller (r.) vor der Club Timeline im neuen EWE Baskets Club Center

Professioneller Basketball-Sport in Oldenburg - ohne zwei Macher wie Gerold Lange und Hermann Schüller wäre das kaum denkbar. Die Verdienste von Gerold Lange, seit 2011 Ehrenpräsidenten der EWE Baskets Oldenburg, um diese Sportart in der Nordwest-Region sind groß. Nun feiert er am 29. September 2017 seinen 85. Geburtstag. Anlass genug, um sich mit ihm und Hermann Schüller, geschäftsführender Gesellschafter der EWE Baskets, zu einem Doppelinterview zu verabreden.

 

Gerold Lange: Worum geht es hier eigentlich?

 

Hermann Schüller: Es geht natürlich um deinen 85. Geburtstag, Gerold! Und es geht darum, was wir hier gemeinsam auf die Beine gestellt haben - seit 1995, oder?

 

Gerold Lange: Ja, 1995 ist richtig.

 

Können Sie sich noch erinnern, wie das damals alles begann?

 

Hermann Schüller: Ich habe irgendwann im Jahr 1994 den Verantwortlichen beim OTB für das Thema Basketball, Gerold Lange, angesprochen, ob es nicht Sinn machen könnte, mit den Westerstedern zu fusionieren.

 

Gerold Lange: Wahrscheinlich habe ich dir damals die kalte Schulter gezeigt.

 

Hermann Schüller: Nein, das hast du nicht! Aber es hat ein Jahr gedauert, bis wir uns endlich hingesetzt haben. Wir spielten damals mit Westerstede relativ weit oben in der dritten Liga, du hast mir gesagt, du müsstest alles alleine machen und bräuchtest Unterstützung. Und dann haben wir uns vorgenommen: Wir gründen zusammen einen Club und bringen den in die Bundesliga! Drei Anläufe haben wir unternommen und sind zunächst nicht aufgestiegen.

 

Gerold Lange: Dass wir damals immer im Wechsel unsere Heimspiele in Oldenburg und Westerstede ausgetragen haben, war ein Schuss in den Ofen.

 

Hermann Schüller: Man darf nicht vergessen, dass es eine historisch gewachsene Rivalität zwischen dem OTB und der TSG Westerstede gab. In den Derbys war ordentlich Feuer drin, da wollte keiner verlieren!

 

Wie ist es gelungen, aus zwei ehemaligen Kontrahenten einen Club zu formen?

 

Gerold Lange: Ich habe 1976 beim OTB angefangen und hatte nicht genug personelle Unterstützung im Management. Diese Strukturen dafür gab es so nicht. Teilweise habe ich damals Mitarbeiter aus meiner Firma rangekriegt, um Dinge zu organisieren. Einem Ralph Ogden habe ich damals in den 70er Jahren eine Lehrstelle in meiner Firma besorgt, damit der für uns weiter Basketball spielt. Ich habe den damaligen Abteilungsleiter Bünnemeyer angerufen und dem gesagt: Dann müsst ihr aber Werbung auf euren Trainingsanzügen tragen - was damals verpönt war. Einige Spieler waren zugleich bei mir in der Firma angestellt. Das war so üblich. So konnte man gute Spieler verpflichten, indem man diesen eine berufliche Perspektive für die Zeit nach der Basketballer-Karriere eröffnete. Das war bei Ogden so und auch bei Michael Pappert. Es waren andere Zeiten, das kann man sich in der heutigen Berufswelt gar nicht mehr vorstellen. Der spätere Zusammenschluss Mitte der 90er war wirklich eine gute Entscheidung!

 

Hermann Schüller: Wir hatten die volle Unterstützung der beiden Vereinsvorsitzenden. Ich hatte zudem eine Analyse zur wirtschaftlichen Situation in der Nordwest-Region machen lassen. Wenn man in die höchste Klasse aufsteigt, braucht man den Rückhalt der hier ansässigen Unternehmen. Es war klar, dass für zwei ambitionierte Basketball-Clubs auf Profi-Niveau hier in der Region kein Platz sein würde.

 

Der Aufstieg in die BBL dürfte bei der Sponsoren-Akquise doch geholfen haben...

 

Gerold Lange: Es war absehbar, dass nach meinem Ausscheiden bei der Butter- und Eierzentrale, die mit der Marke „Oldenburger“ Hauptsponsor beim OTB war, dieses Sponsoring-Engagement so nicht weiterlaufen würde. Und dann kam das große Glück in Gestalt von drei größeren Unternehmen daher...

 

Hermann Schüller: Das war aber erst, nachdem wir aufgestiegen waren. Also im Jahr 2000.

 

Gerold Lange: Es gab immer mal wieder Gespräche als wir noch in der Zweiten Liga waren. Doch die Bedingung für ein Engagement seitens eines möglichen Sponsors, wie beispielsweise EWE, war, dass man Bundesliga spielen muss.

 

Hermann Schüller: Davor haben wir uns sehr schwer getan in der Zweiten Liga. Da war jede Saison ein Kraftakt. Ab der BBL-Zugehörigkeit war es dann wie eine konzertierte Aktion seitens drei großer Unternehmen, die als Hauptsponsoren auf den Plan traten.

 

Warum war die Zeit in der Zweiten Liga ein Kraftakt?

 

Hermann Schüller: Weil die möglichen Sponsoren hier in der Region,  Gerold hat es ja schon angedeutet, immer zu uns gesagt haben: Kommt erstmal in die Bundesliga, dann reden wir weiter. Die Vermarktung in der Zweiten Liga ist einfach schwierig. Man muss sportlich aufrüsten, geht also ins Risiko, kann den Partnern aber nicht genügend Vermarktungspotenzial bieten. Die Haareneschhalle hatte einfach auch nicht diese Möglichkeiten geboten.

 

Gerold Lange: Im letzten Zweitliga-Jahr vor dem Aufstieg haben wir uns in den USA angeschaut, wie die ganz Großen das machen. Da sind wir dann 1999 rüber zusammen mit Dieter Schnitger, Peter Wandscher, Kalle Peschel und Bernd Materne. Weißt du noch, Hermann?

 

Hermann Schüller: Ich hatte damals eine Geschäftsbeziehung zu den Detroit Pistons. Der Besitzer der Pistons ist auch der Inhaber von Guardian, einer Glasfabrik. Ich habe diesen Geschäftspartner gebeten, dass er uns mit dem Management der Pistons zusammenbringt. Die haben uns sehr freundlich empfangen, das waren gute Gespräche. Danach haben wir deren Heimspiel gegen die L.A. Lakers angeschaut. Vorher hat uns Pistons-Coach Alvin Gentry, der heute die New Orleans Pelicans trainiert, noch gefragt, wie man die Lakers schlagen kann... (Lacht.)

 

Gerold Lange: ...aber die Lakers waren in dem Jahr einfach zu stark für Detroit...

 

Welche Ableitungen haben Sie aufgrund dieser Eindrücke aus der NBA gezogen?

 

Hermann Schüller: Wir haben uns angeschaut, unter welchen Bedingungen die trainieren und sich vorbereiten. Für uns war klar, dass wir relativ schnell eine eigene Trainingshalle, ein eigenes Zuhause brauchen. Der OTB hat aber kalte Füße gekriegt. Da hieß es uns gegenüber: Moment, da geht es um Geld, da wollen wir nichts mit zu tun haben, am Ende schreibt ihr Rote Zahlen und der Verein darf das dann tragen. Wir haben gesagt: Kein Problem, dann gebt uns mal die Bundesliga-Lizenz. Und so lautete unser Motto: Wir machen was daraus - und haben die Baskets GmbH & Co. KG gegründet.

 

Gerold Lange: Der OTB war froh! Wir sind mit diesem Konstrukt aus dem Verein rausgegangen, weil denen das Risiko zu hoch war.

 

Hermann Schüller: Im ersten Bundesliga-Jahr hatten wir sportlich richtig Probleme. Und schon zwei Jahre später waren wir erstmals in den Playoffs.

 

Im Vergleich zu anderen Clubs war und ist die Fluktuation, was Coaches anbelangt, bei den EWE Baskets gering?

 

Gerold Lange: Wenn Trainer entlassen wurden, das musstest du immer machen.

 

Hermann Schüller: Jahaaa, da hast Du stets zu mir gesagt: Mach‘ du mal, du kannst das besser...

 

Gerold Lange: Als Ralph Ogden gehen musste, hing mir das noch lange nach, das hat mich richtig beschäftigt. Wenn ich ihn danach gesehen hatte, wollte ich ihm am liebsten aus dem Weg gehen, so unangenehm war mir das. Jetzt verstehen wir uns wieder.

 

Hermann Schüller: Ja, das hat aber lange gedauert.

 

Eingangs des Gesprächs haben wir über die Anfänge gesprochen. Mich würde interessieren, wie denn die erste persönliche Begegnung zwischen ihnen beiden abgelaufen ist.

 

Gerold Lange: Das war bei mir zu Hause.

 

Hermann Schüller: Jetzt gibt’s erstmal einen Schnaps, hast du gesagt. Daran kann ich mich gut erinnern!

 

Gerold Lange: Na klar, weil wir uns da noch gesiezt haben. Ich hatte bis dahin noch nie mit jemandem zusammengearbeitet, der organisatorisch so viel drauf hat wie Hermann. Der auch Ideen hat und der weiß, wie man Budgets aufstellt. Mir war klar, dass das mit ihm was wird.

 

Sie beide sind seit Jahrzehnten mit dem Basketball-Sport verbunden. Was ist denn so faszinierend an diesem Sport?

 

Gerold Lange: Ich gucke natürlich Spiele im Fernsehen. Aber etwas Schöneres, als ein Basketballspiel live in der Halle zu verfolgen, gibt es nicht! Einzigartig diese Atmosphäre! Es ist - mit ganz wenigen Ausnahmen - immer spannend, so ist dieser Sport angelegt.

 

Hermann Schüller: Als ich zwölf Jahre alt war, habe ich das Basketballspielen bei Horst Stalling gelernt. Der war auf dem College in den USA und kam dann als 21-Jähriger wieder zurück und hat Jugendliche trainiert. Ich habe auch Handball und Fußball gespielt. Aber am Basketball hat mich schon immer dieser technische Anspruch und die enorme Geschwindigkeit fasziniert, so dass sich auch kleinere Spieler durchsetzen können, die schnell und wendig sind. Und ganz wichtig: Man spielt in einem Team, dass sowohl angreift als auch verteidigt. Es gibt nicht die Situation im Basketball, dass nur ein Teil der Mannschaft verteidigt und vorne stehen ein paar Spieler herum und gucken zu. Dadurch hat man einen anderen Spirit in so einer Basketballmannschaft.

 

Herr Lange, hätten Sie sich bei ihren Anfängen damals träumen lassen, dass sie mal mit 5.999 anderen in der EWE Arena sitzen würden, um Basketball auf Top-Niveau in Oldenburg zu sehen?

 

Gerold Lange: (Lacht) Nein, nein, überhaupt nicht. Aber: Wenn man so geartet ist wie ich, dann will man auch was erreichen. Kein Gedanke daran, dass so was Großartiges dabei herauskommt!

 

Hermann Schüller: Das ist ja auch Lebensqualität, die wir schaffen für diesen Standort. Ich will es mal so sagen: Jeder Ort hat eine Kirche, ein Kino, ein gewisse kulturelle Vielfalt. Aber das, was wir hier mit diesem Basketball-Club anbieten, ist einfach einzigartig. Und da steckt wirklich wahnsinnig viel Arbeit dahinter, um das nachhaltig hinzukriegen.

 

Was war der schönste Moment?

 

Gerold Lange: Die Meisterschaft!

 

Hermann Schüller: Ja, absolut! Wer da die letzten 23 Sekunden mitbekommen hat, der kriegt ja heute noch eine Gänsehaut.

 

Gerold Lange: Da war ich so durchgeschwitzt. Ich war ja so blöd, zu dem Spiel im Anzug zu kommen!

 

Hermann Schüller: Ich war der einzige, der sich noch Kleidung zum Wechseln mitgenommen hatte. Ich war klitschnass! Die haben ja Bier über mich drüber gegossen.

 

Gerold Lange: Einen Wermutstropfen gab es für mich. Jason Gardener drückte mir sein Trikot in die Hand. Das habe ich unter meinen Sitz gestopft, bevor ich in den Trubel getaucht bin. Als ich wieder zurück kam, war dieses schöne Erinnerungsstück leider weg. Irgendjemand hatte sich das einfach gegriffen.

 

Und was war der schlimmste Moment?

 

Hermann Schüller: Als ich Predrag Krunic sagen musste: Wir beenden die Zusammenarbeit. Das war bitter! Predrag hatte das sportliche Abschneiden nicht alleine zu verantworten. Die Mannschaft, die wir damals zusammengestellt hatten, war - das muss man heute wirklich so sagen - nicht gut. Die passten hinten und vorne nicht zusammen. Predrag hat sogar gesagt: Ich dachte, du kommst schon vier Wochen eher. Der hat das professionell genommen und mir standen die Tränen in den Augen.

 

Gerold Lange: Ja, das muss ich auch sagen. Das war schlimm!

 

Herr Lange, wir sitzen anlässlich ihres Geburtstages zusammen. Und Geburtstagskinder dürfen sich was wünschen. Wie lautet ihr Wunsch für die kommende Saison?

 

Gerold Lange: Ich möchte wieder so gut laufen können, dass ich jedes Spiel in der Arena miterleben kann!

 

Das Gespräch führte Roland Schekelinski.

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