Das Team der EWE Baskets Oldenburg werde mit großer Leidenschaft, vielen Emotionen und immer mit hundertprozentigem Einsatz auftreten, lautete Dein Versprechen vor der neuen Saison. Inwieweit siehst du Deine Mannschaft auf diesem Weg?
Wir kommen immer näher an diese Idealvorstellung heran und versuchen in jedem Spiel, einen Schritt weiter zu kommen. Natürlich bleiben wir auch Menschen, so dass es Tage geben kann, an denen das nicht funktioniert. Die gute Einstellung im Spiel, Training und in der Vorbereitung ist aber ein Grund, warum wir bisher Erfolg haben.
In der Beko BBL steht das Team aktuell auf dem vierten Platz. Wie ordnest Du die Leistung bisher ein und wie sieht Dein Ausblick für die Rückrunde aus?
Wir stehen in der Verantwortung, unsere Ergebnisse in der Rückrunde zu bestätigen und uns zugleich in eine gute Startposition für die Playoffs zu bringen. Dabei dürfen wir uns vom Erfolg in der Vorrunde nicht blenden lassen, sondern müssen daraus noch mehr Motivation ziehen, diese Ergebnisse zu wiederholen. Wir dürfen nicht vergessen, dass harte Arbeit und der totale Fokus auf jeden Gegner verantwortlich für die Siege waren.
Wie bewertest Du insgesamt die Qualität in der Beko BBL?
Jedes Team kann jeden Gegner schlagen. Kein Sieg ist vor dem Spiel bereits sicher. Diese Erkenntnis gilt besonders für die Mannschaften mit Doppelbelastung. Wir haben bereits 28 Pflichtspiele in den Beinen, während viele Konkurrenten erst 17 Partien bestritten haben. Hinzu kommen nahezu 6000 Kilometer, die wir bisher auf unseren Reisen zurückgelegt haben. Gerade in fremden Hallen ist es dann schwer zu gewinnen.
Gab es zu Beginn der Saison, als Verletzungen die Vorbereitung beeinträchtigt haben und nach den hohen Niederlagen in München und Bamberg Zweifel, ob der Kader schlagkräftig genug ist?
Meine Mannschaften haben sich in den vergangenen Jahren immer sehr gut entwickelt und in der Rückrunde ihre besten Leistungen gezeigt. Daher war ich zuversichtlich, dass wir auch diesen Weg gehen würden. Allerdings musste ich mir beweisen, dass diese Entwicklung auch auf BBL-Niveau funktioniert. Insofern habe ich nicht gezweifelt, aber sehr intensiv und akribisch gearbeitet. Man kann nicht vorhersagen, wie schnell und in welchem Umfang sich eine Mannschaft entwickelt. Wir, also das Trainerteam, der Club und die Fans, können sehr zufrieden mit dem Saisonverlauf sein.
Im Eurocup ist das Team ins "Last 32" eingezogen. Kannst Du sagen, was dieser Erfolg für Dich und den Club bedeutet?
Wir stehen zum ersten Mal im "Last 32" des Eurocups. Insofern war unser Auftritt in Limoges eine historische Partie. Das habe ich meinen Spielern in meiner Ansprache auch gesagt. Natürlich bereitet man sich trotzdem normal auf die Partien vor, aber irgendwann wird dieser Erfolg in den Geschichtsbüchern des Clubs stehen. Zudem bedeutet ein europäischer Erfolg auch viel für das Renommee eines Vereins. Es ist eine Ehre, sich für den Club und die Stadt mit dem französischen Meister messen zu dürfen. Auch für meine Spieler muss es ein Ansporn sein, mit diesen Spitzenspielern konkurrieren zu dürfen. Als Trainer wird die Situation für mich leichter, weil ich mit sieben Ausländern antreten darf. So behalten alle Spieler ihren Rhythmus, und ich werde bei der Entscheidung, welcher Spieler aussetzen muss, nicht um meinen Schlaf gebracht.
Am Mittwoch habt ihr zu Hause gegen Valencia Basket, wohl das aktuell beste Team Europas gespielt und nach guter Leistung verloren. Wie groß war die Vorfreude und das Kribbeln?
Wir haben uns so ein besonderes Spiel gegen Valencia mit unserer Leistung in der ersten Runde verdient. Die Spanier sind momentan ein Taktgeber der heimischen Liga und des europäischen Wettbewerbs. Bei uns herrschte eine große Vorfreude auf die Herausforderung, sich gegen Spitzenspieler messen zu dürfen. Auch ich durfte mich gegen Trainer auf höchstem Niveau zeigen. Das Kribbeln war deutlich spürbar und es war eine wichtige Erfahrung, gegen eine Mannschaft auf diesem Niveau anzutreten.
Im Pokal führt die Reise nach Frankfurt. Wie bewertest Du die Aussichten der EWE Baskets?
Wir nehmen jedes Spiel, wie es kommt. Alle Gedanken müssen darauf gerichtet sein, wie wir Frankfurt schlagen können. Die Skyliners sind ein Top-Kandidat auf den vierten Platz in der Liga und schwer zu besiegen, aber wir glauben an uns. Wir wollen in Frankfurt bestehen und am TOP FOUR teilnehmen. Uns wird helfen, dass wir in Nanterre bereits ein Spiel erfolgreich bestritten haben, in dem es um das Weiterkommen ging.
Ein Zielsetzung war, durch die Verjüngung des Teams einen noch größeren Zusammenhalt zu kreieren und den jüngeren Spielern die Integration zu erleichtern. Wie ist das aus Deiner Sicht aufgegangen?
Die Integration der jungen Spieler funktioniert sehr gut. Vaughn Duggins, aber auch Rickey Paulding unterstützen unsere Talente hervorragend. Damit meine ich nicht nur unsere ganz jungen Spieler, auch Klemen Prepelic bekommt zum Beispiel viel Hilfe von den erfahrenen Mitspielern. Auch Chris Kramer hilft Dominic Lockhart sehr. Wenn Dominic zum Beispiel falsche Entscheidungen trifft, nimmt Chris ihm die Verantwortung nicht ab, sondern lässt ihn auch das nächste Mal wieder in die Situation kommen, das Spiel zu gestalten. Im Training kommen unsere Talente zudem im Spiel fünf-gegen-fünf immer in die gleichen Situationen wie unsere Leistungsträger.
Gleichzeitig sehen wir ein sehr fittes Team, welches Spiele in den letzten Minuten entscheiden kann und einen Rickey Paulding, der athletischer wirkt als je zuvor. Worin liegen die Gründe?
Wir erarbeiten die Wochen-, Monats- und Jahresplanungen gemeinsam mit unserem Athletiktrainer Mico Ilic sehr akribisch. Zudem haben wir in unserem Trainingslager in Zlatibor sehr hart gearbeitet. Ich erinnere mich noch daran, wie unsere Spieler bei der Auftakt-Pressekonferenz vom harten Trainingslager gesprochen haben. Davon profitieren wir nun. Außerdem arbeiten wir sehr gewissenhaft beim Cooldown, der Regeneration und in der Ernährung. Alle Komponenten und die akribische Arbeit von Mico Ilic führen zu dieser fitten Mannschaft.
Der Charakter der Spieler wurde als entscheidendes Kriterium genannt. Nun scheinen die Spieler bei den Fans, auf und neben dem Feld, sehr gut angenommen zu werden. Wie wichtig ist das?
Ich habe mit allen Spielern zum Ende der Hinrunde Einzelgespräche über ihre Situation geführt. Dabei hat mir jeder Spieler bestätigt, dass er sich in Oldenburg sehr wohl fühlt. Dazu gehört die Teamchemie, die Organisation des Clubs mit den Trainern und Mitarbeitern in der Geschäftsstelle, aber auch die Atmosphäre in der Halle. Der Grund für diese Situation liegt in der Arbeit, die wir bis in den Juli hinein gemacht haben. Ein großer Dank geht da an Srdjan Klaric, dessen Netzwerk uns gute Informationen geliefert hat und der die Spieler sehr genau beobachtet hat. Dabei lag das Augenmerk eben nicht nur auf der spielerischen Qualität, sondern vor allem auch auf den menschlichen Bereich. Dieses Scouting ist ein Grundstein unseres Erfolgs.
In der Offensive wünscht Du dir Ballbewegung und Teamspiel. Angesichts von Platz 4 im Offensive-Rating der Liga, Platz 3 bei den Assists, Platz 4 bei den Ballverlusten, Platz 2 bei der Zweierquote müsstest Du sehr zufrieden sein?!
Auch hier war das Scouting sehr wichtig. Wir haben Spieler mit unterschiedlichen Qualitäten gefunden, die sich ergänzen und uns variabel machen. Natürlich ist es dann noch wichtig, diese Bausteine ins Spiel einzubauen. Daran arbeiten wir in jedem Training und in jedem Spiel. Zudem gehen wir mit unseren eigenen Leistungen sehr kritisch um, arbeiten mit vielen individuellen und mannschaftlichen Clips, mit denen wir Wege finden wollen, um uns zu verbessern. Insgesamt gilt aber auch aus meiner Sicht vor allem, dass Teamspiel schwerer zu stoppen ist als individuelle Qualität. Unsere teamorientierte Spielweise ist vermutlich auch ein Grund, warum kein Spieler beim Allstar-Game in Bamberg war, obwohl wir gute Ergebnisse erzielt haben.
Schaut man sich die Wurfverteilung an, fällt auf, dass sich die Zahl der genommenen Dreier kaum reduziert hat, das Team dafür aber prozentual die wenigsten Würfe aus der Mitteldistanz nimmt. Warum ist das so?
Im Endeffekt kann man den Spielern nicht vorschreiben, aus welcher Position sie ihren Wurf nehmen. Wir haben bei der Zusammenstellung des Teams darauf geachtet, dass wir einen Spieler haben, der das Pick & Roll spielen kann, aber auch aus dem Post Gefahr entwickelt. Zudem haben wir auf der Position vier Spieler, die das Spiel breit machen. Dies macht uns schwer ausrechenbar und schafft Räume. Unsere Guards sind in der Lage, diese Situation zu nutzen. Sie spielen das Pick & Roll gut, lesen die Hilfen hervorragend und können dann auch die schweren Pässe spielen, egal ob Vaughn Duggins, Klemen Prepelic oder Rickey Paulding. Scott Machado hat zudem eine besondere Qualität, den abrollenden Spieler zu finden. So haben wir im Spiel insgesamt viele Waffen, die es für den Gegner sehr schwer machen, uns zu schlechten Würfen zu zwingen.
Zudem fällt auf, dass das Team auch im Ligavergleich mit einer langsamen Pace gestartet ist, das Spiel aber mittlerweile deutlich schneller wird. Woran liegt das?
Ich möchte schnellen Basketball spielen, um aus dem Defensiv-Rebound heraus gegen die nicht organisierte Verteidigung zu scoren. Gleichzeitig möchte ich, dass wir diese Spielweise mit Kontrolle verbinden und ein gutes Spielmanagement zeigen. Unsere Spieler mussten sich an diesen Stil erst gewöhnen. In der vergangenen Saison sind wir zum Beispiel kaum Fastbreaks gelaufen. Es dauert dann immer eine gewisse Zeit, bis die Mannschaft sich an das Kräfte raubende Spiel gewöhnt und verinnerlicht, dass unser Angriff in der Defense starten soll.
Noch nicht in der Spitze befinden wir uns bei der Dreierquote. Woran machst du das fest?
Ich denke, zuletzt hat sich unsere Quote bereits stabilisiert. Ein Grund für die anfänglichen Probleme lag sicher in der Ballbewegung. Zudem musste sich unsere Wurfauswahl entwickeln und verbessern. Vor allem war es aber ein Anpassungsprozess an die höhere Intensität in der Trainingswoche und im Spiel. Wir spielen schneller, verteidigen übers gesamte Feld, spielen variable und intensive Defense. Nemanja Aleksandrov zum Beispiel arbeitet viel härter in der Verteidigung und im Rebounding. Natürlich sind die Beine dann anfänglich in der Offensive schwerer. Der Körper muss erst einen Anpassungsprozess durchlaufen. Es war natürlich leichter, den Wurf zu verwandeln, als er in der Defensive weniger gefordert wurde. Mittlerweile haben viele Spieler diesen Schritt aber geschafft.
In der Defensive fällt auf, dass die Mannschaften gegen uns mit die schwächsten Quoten werfen. Wo liegt für dich die Qualität unserer Verteidigung?
Wir bereiten unsere Gegner sehr detailliert vor, entwickeln daraus ein defensives Konzept. Für diese aufwendige Vorbereitung belohnen wir uns, weil die Spieler die Vorgaben sehr gut umsetzen. Zudem ist die Intensität in unserem Spiel hoch, der Gegner muss sich verausgaben. In der Offensive fehlt dann die Kraft, um sich gute Situationen zu erarbeiten. Im Endeffekt ist es ein Kreis, der sich schließt. Es beginnt mit der Videoarbeit von Mauro Parra und endet mit der guten Defensive auf dem Parkett.
Im Rebounding bewegt sich das Team hingegen eher im Mittelfeld der BBL. Wo siehst du da Steigerungspotenzial?
Wir sind zum Beispiel in der Offensive auf dem Spielfeld sehr breit aufgestellt, so dass die Chancen auf den Offensivrebound kleiner sind. So entscheiden sich die Spieler dann häufig gegen den Versuch zum offensiven Brett zu gehen, sondern versuchen sich in der Defensive zu organisieren. Allerdings sind die zweiten Chancen und die daraus resultierenden leichten Punkte sehr wichtig, so dass wir daran arbeiten, um unser Potenzial abzurufen. Ich denke bei Nemanja sieht man zum Beispiel schon eine Steigerung. Auch hier geht es darum, das System zu verinnerlichen und die wiederkehrenden Situationen besser einzuschätzen, um dann bessere Entscheidungen zu treffen. Es ist aber nicht nur Nemanja, der hier Fortschritte macht, auch Rickey arbeitet sehr gut im Rebounding.
Die Fragen stellte Christian Ruhe/EWE Baskets Oldenburg
Bild: Ulf Duda/fotoduda.de