Brian Fobbs wechselte zur Saison 2025/2026 vom italienischen Erstligisten Sassari zu den EWE Baskets Oldenburg. Der Guard, am 17. Februar 1998 in Rochester im US-amerikanischen Bundesstaat New York geboren, ist in der easyCredit Basketball Bundesliga kein Unbekannter: 2023/2024 spielte er bei den Telekom Baskets Bonn. Im Interview spricht er über seine Anfänge in Europa, einen MVP-Titel in Belgien und die aktuelle sportliche Situation in Oldenburg.
Brian, am Ende deiner College-Zeit nannte dich ein Analyst „a match made in heaven in New York with the Knicks“. Es sollte sich aber schließlich zeigen, dass dir der Sprung in die NBA nicht vergönnt war. Wie sehr hast du dich danach gesehnt, dort in der Liga zu landen?
Natürlich hatte ich die NBA im Kopf, schon immer, bereits als Schüler. (lacht) Ich glaube, das Zitat kenne ich, das habe ich auch mal gelesen. Das Problem war: Direkt nach dem College, im Jahr 2020, stand alles still wegen Covid. Ich wurde nicht gedraftet, und es gab keine Chance auf Workouts und damit auch keine Möglichkeit, sich auf diesem Level zu präsentieren. Das war die Situation: Die NBA war immer in meinen Gedanken, aber ich kam ihr nicht näher.
Wie lange brauchtest du, um das zu akzeptieren? Oder war es für dich eine Art Auftrag, den nächsten Schritt in Angriff zu nehmen?
Das ist ja nur allzu menschlich, dass man das Bestmögliche anstrebt. Ich hatte eine tolle College-Zeit, gerade auch am Ende in Towson. Und dann lief es anders, nicht zuletzt wegen der ganzen Sache mit Covid und den Folgen. Das Einzige, was in dieser Hinsicht passierte, war ein Zoom-Call mit den 76ers, aber danach hörte ich nichts mehr. Es war dann eben so; das liegt nicht in meinen, sondern in Gottes Händen, und ich musste die Kraft finden, mich da durchzubeißen und etwas anderes zu probieren.
Du hast in der Saison 2020/2021 dann gar nicht gespielt. Eine Situation wie bei so vielen anderen Basketballern damals …
Exakt. Ich weiß nicht, wie es bei anderen lief, aber ich hatte schon das eine oder andere Angebot. Beispielsweise aus Argentinien oder sogar aus der Adriatic League, aber für mich waren das in dem Moment keine Optionen. Ich hatte die NBA im Kopf und wusste zudem nichts über den europäischen Basketball.
Zusammen mit Dennis Tunstall, der aktuell in der ProA in Karlsruhe spielt, und Nakye Sanders hast du in deinem College-Team das „terrific trio“ gebildet. Wie eng ist noch der Kontakt zu den Kollegen von damals?
Sehr eng! Dennis ist ja auch schon länger in Deutschland, auch schon, als ich in Bonn gespielt habe. Er kam beispielsweise vorbei, als ich mit den Telekom Baskets in Ludwigsburg zu Gast war. Wir haben eine gute Verbindung, die gibt es aber auch zu Nakye, der unter anderem in Frankreich gespielt hat. Und so tauschen wir uns weiter aus, was aber ja auch keine Überraschung ist, schließlich waren wir Teamkollegen am College. Und das verbindet einen. Wir könnten uns natürlich auch noch häufiger treffen, aber grundsätzlich passt es so.
Wie intensiv verfolgst du den College Basketball heute noch?
Ab und an schon, aber inzwischen interessiere ich mich mehr für den Frauenbasketball am College. Mein Team ist Notre Dame, und die Partien verfolge ich. Da gab und gibt es tolle Spielerinnen wie Olivia Miles – die nun aber leider gewechselt ist, was mich ein wenig ärgert – oder Hannah Hidalgo und Sonia Citron. Ich habe mich in den College Basketball bei den Frauen ein wenig verliebt.
Deine Karriere als Profi startete in Europa; zunächst in Finnland, danach in Belgien. Wie fühlte sich das an, erstmals im Leben nicht nur das Land, sondern gleich den Kontinent zu verlassen?
(lacht) Au Mann, das war echt hart am Anfang. Vor allem in Finnland. Es ist kalt, es wird sehr früh dunkel. Wir hatten um 14 Uhr Training – und es war draußen düster! Die erste Zeit war wirklich schwierig. Als der Basketball dann ins Rollen kam, ich gute Leistungen zeigte und meine Teamkollegen immer besser kennenlernte, begann der Spaß. Meine Familie kam zwischendurch zu Besuch und hat mich unterstützt. Aber die erste Phase war definitiv problematisch.
Im zweiten Profijahr bist du wie erwähnt in Belgien gelandet. Hier hast du etwas Besonderes erreicht: Du wurdest am Ende der Saison als MVP ausgezeichnet, obwohl du im Januar eine schwere Achillessehnen-Verletzung erlitten und nur 14 Spiele bestritten hast …
Das war unglaublich. Keiner konnte mich stoppen, ich war auf einem ganz anderen Level als zuvor. Alles hat funktioniert. Dann gab es eine FIBA-Pause, wir kehrten zurück – und ich glaube im zweiten Spiel nach dieser Unterbrechung, als es ungebremst gut lief für mich, kam diese Verletzung. Die Auszeichnung zum MVP war dann ein echter Segen. Mir hat das alles gezeigt, wie gut ich wirklich sein kann.
Ich vermute, die Verletzung war der härteste Moment in deiner Karriere?
Ja, ganz sicher. Ich hatte vorher nie etwas, blieb immer ohne größere Verletzungen. Zu der Zeit verspürte ich ganz unterschwellig zwar etwas, aber ich habe niemals gedacht, dass mir eine solch schwere Blessur drohen könnte. Darüber macht man sich ja auch grundsätzlich eigentlich keine Gedanken. Das war wirklich hart. Und in dem Moment selbst habe ich auch überhaupt noch nicht damit gerechnet, dass es etwas so Schwerwiegendes sein könnte. Glücklicherweise kam ich vergleichsweise schnell zurück.
2023 bist du nach Bonn gewechselt, inzwischen wieder genesen. Die Telekom Baskets hatten in den beiden Jahren zuvor eine unglaubliche Entwicklung hingelegt und dabei die Champions League gewonnen sowie die Endspielserie in den Playoffs der easyCredit BBL erreicht. Wie groß war der Druck, der auf euch lastete, an diese Geschichte anzuschließen?
Dass man immer etwas Druck verspürt, empfinde ich als etwas ganz Natürliches; vor allem, wenn das Vorgängerteam solche Erfolge eingefahren hat. Man darf aber nicht vergessen: Wir waren ein komplett neues Team, inklusive neuem Trainer. Es ist gut, wenn man hohe Ziele hat, aber bei uns war alles neu – eine vollkommen neue Geschichte. Aber für Menschen, die den Wettkampf und die Herausforderungen lieben, ist das alles ja auch ein großer Anreiz. Und am Ende war es doch in Ordnung: Wir standen im Viertelfinale der Champions League und landeten in den Playoffs. Nach einem furchtbaren Jahr klingt das nicht. (lacht)
Anschließend hast du eine Saison in Italien verbracht und dich in diesem Sommer für die EWE Baskets entschieden. Was gab den Ausschlag, nach Oldenburg zu kommen?
Ich hatte sehr gute Erinnerungen an Deutschland. In Italien war es zwar auch schön, und es gab Angebote von dort und aus der Türkei. Aber der Club hier und nicht zuletzt Coach Krunic gaben mir das Gefühl, mich unbedingt verpflichten und aus mir das Beste herausholen zu wollen. Ich habe viel Gutes über den Club und den Trainer gehört, daher war es eine einfache Entscheidung. Und für das, was von mir verlangt wird, fühle ich mich bereit.
Du bist jetzt seit zwei Monaten hier – was denkst du über die Stadt und den Club?
Es ist wirklich schön hier! Ich war noch nicht so viel in der Stadt selbst unterwegs, aber eines kann ich dir dazu sagen: Was gibt es hier viele Radfahrer! (lacht) Ich muss aufpassen …
… das hat Nicho Tischler auch schon gesagt …
… die sind wirklich überall! Also, klar: Ich passe auf. Abseits davon: Ich genieße es hier sehr!
Wenn du die Bundesliga mit den Ligen vergleichst, in denen du gespielt hast: Wo liegen die Unterschiede?
Dazu muss man zunächst einmal sagen, dass Finnland und Belgien mit der BNXT League eher einen ganz anderen Charakter haben, daher sollten die Vergleiche insbesondere mit Italien gezogen werden. In Italien geht es viel um „X and Os“, also vornehmlich um Taktik. Es gibt weniger Transition, weniger „up and down“. Natürlich sind da Teams, die aufgrund ihrer Trainer oder bestimmter Akteure etwas anders spielen, aber die meisten folgen doch einer klar definierten taktischen Ausrichtung. In Deutschland geht man ein höheres Tempo, es gibt ganz andere Spielertypen. Und wenn man hier nicht in jedem einzelnen Spiel voll auf der Höhe ist, dann wird das bestraft; egal, von welchem Gegner. Wir haben diese Erfahrungen früh in der Saison schon gemacht: Man hat einen guten Start, lässt etwas nach – und schon ist das Spiel weg. Hier gibt kein Team auf. Es ist eine starke, ausgeglichene Liga von oben bis ganz unten.
Wie würdest du Headcoach Predrag Krunic beschreiben?
Er ist sehr leidenschaftlich. Und das immer! (lacht) Im Huddle, im Training, im Spiel – wenn wir im Training Vollgas geben sollen, dann macht er das auch. Er rennt buchstäblich mit! Er ist sehr aktiv, sehr durchsetzungsstark. Ich mag seine Persönlichkeit sehr. Mir macht das sehr viel Spaß bisher.
Gehst du mit persönlichen Zielsetzungen in eine Saison?
Nicht notwendigerweise. Klar hat jeder so seine Vorstellungen im Kopf, wenn man im Sommer zusammenkommt und sich auf die Saison vorbereitet. Aber grundsätzlich geht es mir immer darum, einfach alles zu geben, wenn ich auf dem Spielfeld stehe. Ich möchte hart spielen, alles auf dem Parkett lassen, immer gut trainieren und das Spiel einfach genießen. Denn das darf nicht zu kurz kommen: der Spaß am Basketball.
Du spielst momentan im Schnitt rund 35 Minuten pro Partie. Gefällt dir dieser Hochbetrieb?
Aber sicher gefällt mir das! (lacht) Ich mag es, viel zu spielen, und ich kann damit auch gut umgehen. Klar, man kann schon an den Punkt kommen, wo man mal um eine kurze Pause bittet, aber das passt schon sehr gut so, wie es ist. Das ist ohnehin etwas, woran ich gewöhnt bin; ich stand in meiner Karriere oft sehr lange auf dem Spielfeld.
Wo siehst du für das Team das größte Potential für Verbesserungen?
Es gibt da ein paar Sachen. Zuerst einmal betrifft das in der Offensive die Ballbewegung. Wir haben einige Spieler im Team, die Punkte erzielen können. Dafür müssen wir den Ball mehr bewegen und in eine Art Flow kommen beim Zusammenspiel. Und da sind wir an dem Punkt, an dem man menschlich reagiert: Wenn der Ball sich nicht bewegt, wenn nicht alle mit einbezogen werden, hat das automatisch Auswirkungen auf die Intensität in der Defensive. Und in der Verteidigung müssen alle zusammenbleiben; wir haben die entsprechenden Spieler, um es Gegnern auf jeder Position schwer zu machen. Aber: Es ist noch früh in der Saison, und wir werden Spiele gewinnen.
Nach dem Auftaktsieg im Pokal habt ihr dreimal in Folge verloren. Was muss man als Team beachten, um keine schlechte Stimmung aufkommen zu lassen? Niederlagen verändern die Atmosphäre nachweislich – wobei ihr als Mannschaft nach wie vor sehr gefestigt wirkt.
Niederlagen sind furchtbar. Aber, und das ist im Basketball sehr wichtig: Es ist eine lange Saison. Das, was hinter uns liegt, ist vorbei. Wir müssen nur daraus lernen. Hart arbeiten, Kontinuität aufbauen, zusammenbleiben. Wir können die Saison nicht neu starten, wir müssen nach vorn schauen. Alle haben die Ziele im Blick, sind auf derselben Seite; alle pushen sich gegenseitig, um jetzt weiter hart zu arbeiten. Wir bekommen das hin!
Zu guter Letzt: Was erwartest du vom Spiel gegen Jena am Samstag? Begegnungen gegen einen Aufsteiger bergen ja stets die unterschwellige Gefahr, den Gegner zu unterschätzen.
Daran dürfen wir keinen Gedanken verschwenden! Wir dürfen uns nicht hinstellen und sagen: Hey, da kommt ein Aufsteiger, das wird schon. Das ist nicht die Realität. Wenn wir so rausgehen, dann wird uns Jena zu Hause schlagen. Wir sind ohne Sieg vor heimischem Publikum, das darf so nicht bleiben. Es ist ein Must-Win-Spiel – und es ist mir vollkommen egal, wie wir am Ende gewinnen. Von mir aus 30:29. (lacht). Wir müssen alles Erdenkliche tun, um das Spiel für uns zu entscheiden. Denn ein Sieg ist das, was uns jetzt guttun würde.