NEWS

Interview: Coach Calles kurz vor dem Saisonstart

20.09.2023

Der EWE Baskets Fan Day hat wieder einmal deutlich gezeigt: Die Oldenburger Fans sind in ihrer Loyalität und Unterstützung einzigartig, setzten mit 5.709 Zuschauern einen neuen Rekord. Auf dem Parkett hingegen zeigte sich, dass die Mannschaft noch in einem Findungsprozess ist.

Das letzte geplante Testspiel vor dem Saisonstart, das am Donnerstag gegen Chemnitz stattfinden sollte, wurde hingegen abgesagt. Beide Teams verzeichneten kurzfristig angeschlagene Spieler, so dass die Verantwortlichen beider Mannschaften eine Austragung der Partie nicht für sinnvoll erachteten.

Stattdessen spricht Head Coach Pedro Calles über die letzten Partien, seine Eindrücke aus der Vorbereitung und die Dankbarkeit gegenüber den Fans

Pedro, wenn du an den EWE Baskets Fan Day denkst, was kommt dir dann in den Kopf?

Ich möchte mich zuerst bei unseren Fans bedanken. Zu einem Freundschaftsspiel waren über 5.700 Fans in unserer Arena, haben einen Rekord für den Fan Day aufgestellt. Das sagt sehr viel darüber aus, wie großartig der Zusammenhalt zwischen Club und Fans ist, welche Leidenschaft die Fans für unser Team, für die EWE Baskets aufbringen. Das bedeutet uns viel und das nächste Mal, wollen wir unseren Fans eine bessere Leistung bieten! 

Ergebnisse sind in den Testspielen nicht entscheidend, aber trotzdem haben wir jetzt vier Partien in Serie verloren. Wie geht man als Coach damit um?

Ich würde mir große Sorgen machen, wenn ich nicht die Spieler erleben würde, die sehr hart arbeiten und deren Entwicklung in die richtige Richtung zeigt. Natürlich waren die Ergebnisse nicht so, wie wir es wollten, aber in der Vorbereitung steht die Entwicklung der Mannschaft im Mittelpunkt, unser System zu implementieren. Wir schauen uns die Fehler in den Spielen an, versuchen sie auszumerzen, um uns in die bestmögliche Ausgangssituation zum Saisonstart zu bringen.

Gleichzeitig muss man feststellen, dass die Ausfälle durch Verletzungen dafür sorgen, dass wir noch nicht da sind, wo wir nach unseren Plänen sein wollten. Wir müssen anerkennen, wo wir gerade stehen, müssen intensiv arbeiten und uns muss klar sein, dass es in der Entwicklung der Mannschaft keine Abkürzungen gibt.

Du hast auch bereits in der letzten Woche gesagt, dass wir vielleicht ein Stück hinter unserem Zeitplan sind. Woran fehlt es uns aktuell?

Kontinuität der Spieler in ihren Rollen! Die personelle Situation sorgt dafür, dass Spieler in Rollen schlüpfen müssen, die für sie nicht geplant waren. Diese Spieler müssen dann auch länger spielen und während des Trainings länger auf dem Feld stehen. Das beeinflusst das Load Management und die Form der Spieler.

Wir sprechen viel über die Teamwerte, unsere Kultur als Basis von allem. Wie gelingt es, diese zu vermitteln?

Es gibt diese Werte, über die wir als Mannschaft gesprochen haben und auf die wir uns verständigt haben. Jetzt geht es darum, diese Worte in Taten umzuwandeln und jeden Tag auf dem Parkett vorzuleben. Über die Teamkultur und Werte zu sprechen ist einfach, sie umzusetzen ist die Arbeit. Das ist keine Magie, es geschieht nicht plötzlich, sondern ist ein Prozess. Wie ich gesagt habe, gefällt mir sehr, mit welcher Energie die Spieler daran arbeiten.

Warum ist es so wichtig, unsere Identität als Basis zuerst zu haben?

Das Wichtigste ist, dass einem bewusst ist, wer man ist und man sein möchte. Das ist die Identität. Wenn man das weiß, geht es darum, wie man dahin kommt. Das ist die Kultur. Am Ende muss man dann die Worte im Training zum Leben erwecken.

Dir eilt der Ruf voraus, ein defensiv geprägter Trainer zu sein und du selbst hast gesagt, dass unser Defensivsystem für Spieler am Anfang nicht leicht ist. Tanner Leissner hat im letzten Jahr davon gesprochen, dass die große Stärke ist, dass du dieses System konsequent Schritt für Schritt in der Vorbereitung aufbaust. Warum ist es wichtig, Schritt für Schritt zu gehen?

Ich denke es ist richtig, dass meine Defensive für die Spieler herausfordernd ist. Wir wollen die Offensive des Gegners mit unserer Defensive diktieren. Dies umzusetzen verlangt viel Spielverständnis und Energie und man kann dabei keine Abkürzungen nehmen, wenn man es wirklich umsetzen will. Deshalb gehen wir Schritt für Schritt vor.

Gegen Vechta sah es von der Seitenlinie so aus, als hätten wir den Ballführer oft gut unter Druck gesetzt, die Rotationen aber nach dem zweiten, dritten Pass nicht mehr gepasst. So entstanden offene Dreier. Ich kann mir vorstellen, dass man als Trainer da in der Vorbereitung in einem Zwiespalt steckt. Zieht man seinen Plan A durch und lässt die Spieler lernen oder nimmt man Anpassungen vor, um die Chance zu erhöhen, das Spiel zu gewinnen. Wie siehst du das?

Man kann nur etwas ändern, wenn man bereits einen Plan B hat, aber an diesem Punkt sind wir in unserer Vorbereitung angesichts der Zeit, die wir zusammen verbracht haben und der Anzahl der neuen Spieler noch nicht. Ich kann in einem Vorbereitungsspiel nichts spielen lassen, dass wir noch nicht trainiert haben, weil man dann auch die Fehler nicht entsprechend korrigieren kann.

Deshalb sind wir bei unserem Plan geblieben, auch wenn man anerkennen muss, dass Vechta sich darauf vorbereitet hat. Sie haben eine hervorragende Partie gespielt. Wir wollten unseren Fokus darauf behalten, unser System einzuspielen und zu verbessern.

Ein Teil unseres Kaders ist erhalten geblieben. Wie wichtig sind diese Spieler, um dein System weiterzugeben und wie problematisch ist es dann, wenn beispielsweise Alen Pjanic ausfällt oder DeWayne Russell nicht auf dem Parkett stehen kann?

Du hast Alen und DeWayne erwähnt, aber auch Kenny Ogbe hat uns länger gefehlt und konnte gegen Vechta am Ende nicht mehr spielen. Diese Spieler wissen natürlich bereits, was man in meinem System braucht und worüber wir reden. Es hilft nicht, dass gerade diese Spieler fehlen, die auf dem Feld mit gutem Beispiel vorangehen können.

Was ist jetzt in den letzten neun oder zehn Tagen bis zum Spiel gegen Braunschweig entscheidend?

Zunächst einmal müssen wir herausfinden, welche Spieler uns zur Verfügung stehen werden. Wir haben auf die Verletzungen reagiert und Lukas Wank verpflichtet. Ihn müssen wir integrieren. Dann müssen weiter an unserem System und den Details für das Spiel gegen Braunschweig arbeiten.